retten! 2021; 10(03): 170-177
DOI: 10.1055/a-1264-5602
Fit für den Notfallsanitäter

Psychischer Ausnahmezustand – Das sollten Sie wissen für die Ergänzungsprüfung

Rico Kuhnke
,
Volker Wanka

retten! macht Sie fit für den Notfallsanitäter: In jeder Ausgabe arbeiten wir anhand eines Fallbeispiels einen interessanten Einsatz algorithmenkonform auf. Anhand von exemplarischen Fragen zu erweiterten Notfallmaßnahmen, Kommunikation und Rahmenbedingungen können Sie sich auf die Ergänzungsprüfung vorbereiten – egal, in welchem Bundesland Sie arbeiten.

Kommentar

Hans-Martin Grusnick, Ärztlicher Beirat, Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e. V. (DBRD)

Bei psychischen Ausnahmezuständen, ausgeprägter Aggressivität, nicht beherrschbarer Hyperventilation und Hyperventilationstetanie oder ausgeprägter Agitiertheit kommen Notfallsanitäter immer wieder in Situationen, in denen ggf. über sedierende Medikamente nachgedacht werden muss. Für solche Situationen wurde bereits im Medikamentenkatalog des sogenannten Pyramidenprozesses die Sedation vorgesehen.

Allerdings stellt die Sedation immer die letzte Form der Intervention dar. Zuvor muss versucht werden, durch Beruhigung, Abschirmung und deeskalierende Gespräche die Situation zu entspannen und den Patienten nichtmedikamentös zu betreuen. Alle in der Notfallmedizin Tätigen sollten versuchen, die sedierende Medikation zu vermeiden und die Situation anders zu lösen, anstatt den scheinbar einfacheren Weg der Sedation zu gehen. Das ist oft eine große Herausforderung.

In den oben genannten Situationen befinden sich die Notfallpatienten oft in Ausnahmesituationen, die ihre Einsichtsfähigkeit und damit auch ihre Compliance einschränken. So kann es schwierig sein, einen intravenösen Zugang zu legen, um Medikamente zu verabreichen. Daher sollte immer eine situativ sinnvolle und umsetzbare Applikationsform gewählt werden; etwa bukkal, intranasal oder intravenös.

Benzodiazepine bieten sich aufgrund ihrer sedierenden und anxiolytischen Wirkungen für derartige Situationen an. Für die verschiedenen Applikationsweisen stehen verschiedene Pharmaka zu Verfügung. Die Überwachung nach Sedation ist eine zwingende Anschlussmaßnahme. Sollte es initial nicht möglich gewesen sein, einen i. v. Zugang zu legen, sollte dies nach Abklingen der massiven Agitiertheit erfolgen.

Zusammenfassend ist die Sedation in der Betreuung die letzte Eskalationsstufe und sollte immer mit Bedacht und Zurückhaltung und erst nach Ausschöpfen aller anderen Maßnahmen zur Anwendung kommen.



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Article published online:
05 July 2021

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