Liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 versuchen Bund und Länder mit drastischen Maßnahmen (Lockdown Light im November) die Ausbreitung des Coronavirus in der deutschen Bevölkerung zu verlangsamen. Ein erster Hoffnungsschimmer kam Anfang November auf als die Nachricht bekannt wurde, dass die Firmen Biontech und Moderna in Kürze die Zulassung eines Impfstoffs beantragen wollen. Bis dahin müssen wir weiterhin versuchen, möglichst unbeschadet durch die Pandemie zu kommen. Neben entsprechenden Hygieneregeln (AHA), dem individuellen Sozialverhalten und einer relativ erfolglosen, aber kostenintensiven Corona-App erfolgt leider in den Medien bisher kaum ein Hinweis auf den besonderen Stellenwert von immunrelevanten Nährstoffen in Zeiten von viralen Atemwegsinfektionen wie Corona oder Influenza. Aufgrund der aktuellen Ereignisse haben wir die vorliegende Ausgabe der OM überwiegend der Corona-Pandemie gewidmet und streifen nur das eigentlich geplante Thema Gynäkologie.

Bekanntlich treten über 80 % der COVID-19-Erkrankungen bei älteren Menschen (70 Jahre) mit Grunderkrankungen auf, wie Krebs, Diabetes mellitus, zerebrovaskuläre (z. B. Demenz) sowie kardiovaskuläre Erkrankungen. Mit immunrelevanten Nährstoffen könnte man das Immunsystem gegen virale Atemwegserkrankungen unterstützen und Begleitkomplikationen von COVID-19 reduzieren. Von einer derartigen Immunonutrition mit Anti-SARS-CoV-2-Eigenschaften würden v. a. die sog. vulnerablen Gruppen (z. B. Senioren) profitieren. Laut The Guardian überlegt die britische Regierung ähnlich wie zuvor Schottland, bei über 2 Mio. vulnerablen und älteren Menschen für einen Zeitraum von 4 Monaten Vitamin D zur Stärkung des Immunsystems gegen COVID-19 einzusetzen. Auch die 12 hochkarätigen Vorträge auf dem Online-Kongress Komplementärmedizin Ernährung, Nährstoffe, Prävention bei der diesjährigen Medizinischen Woche in Baden-Baden beschäftigten sich überwiegend mit der Bedeutung der Ernährung und immunrelevanter Nährstoffe in der Prävention und Therapie einer COVID-19-Erkrankung.

Die aktuelle COVID-19-Pandemie erlangt ihre große Bedeutung nicht nur durch die hochgradige vitale Gefährdung, sondern zeigt häufig selbst bei leichten Verläufen langzeitige Nachwirkungen. Ein Großteil der an SARS-CoV-2-Erkrankten leidet dauerhaft unter langzeitigen Nebenwirkungen in Form von Erschöpfung, Leistungsverlust und persistierender Müdigkeit wie Prof. Alfred Wolf in seinem bemerkenswerten Beitrag aufzeigt. Generell lassen sich die Ursachen einer Fatigue im Wesentlichen einem Tumor, einer neuroendokrinen Reaktion oder einer Inflammation zuordnen. Der Verlauf und die Klinik der Post-COVID-19-Fatigue ähnelt den Erschöpfungskrankheiten ausgelöst durch Herpesviren. Bei der Therapie spielen v. a. verhaltenstherapeutische Maßnahmen ergänzt durch eine Lebensstilberatung eine zentrale Rolle.

Weltweit sind nach aktuellen Schätzungen etwa 1 Mrd., insbesondere ältere Menschen, von einem Vitamin-D-Mangel [25(OH)D < 20 ng/ml] oder einer Vitamin-D-Insuffizienz [25(OH)D: 20-29 ng/ml] betroffen. Die Prävalenz eines Vitamin-D-Mangels bei Personen > 65 Jahren wird geschätzt auf bis zu 84 %, wobei diese etwas optimistische Einschätzung im Alter von zahlreichen Parametern verfälscht werden kann wie Ernährungs-, Immunstatus, körperliche Veränderungen, Komorbiditäten, Polymedikation sowie finanzielle, mentale, soziale, klinische Einflüsse und / oder Umweltfaktoren. In unserer Serie zum Healthy Aging steht in dieser Ausgabe Vitamin D im Zentrum der Prävention.

Dank der tatkräftigen Hilfe unserer Autoren können wir Ihnen erneut ein spannendes Heft präsentieren, das hoffentlich ihren Geschmack trifft. Wir dürfen Ihnen und Ihren Familien im Namen des gesamten Teams der Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin von ganzem Herzen eine besinnliche Weihnachtszeit und vor allem viel Gesundheit für das Jahr 2021 wünschen.

Apotheker Uwe Gröber & Dr. med. Hans-Peter Friedrichsen

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Article published online:
03 December 2020