Hebamme 2020; 33(06): 4-7
DOI: 10.1055/a-1274-4589
Profession
Kurz berichtet

Stolpersteine für vergessene Kinder

Gedenken
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(Quelle: M. Löhr)

Die in vielen deutschen und auch europäischen Städten verlegten sogenannten Stolpersteine werden oft in erster Linie mit der Erinnerung an ermordete Juden während des Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Doch auch die Gräueltaten an anderen Bevölkerungsgruppen sollen damit dokumentiert werden. In Hamburg erinnert die Initiative Stolpersteine an das Schicksal von zahlreichen Kindern von Zwangsarbeiterinnen, die während der NS-Zeit in deutschen Firmen arbeiten mussten und in Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht waren. Im größten Hamburger Lager, dem Lager Lederstraße, starben 13 Kinder zwischen 1940 und 1945, fast alle Säuglinge. Auf den Totenscheinen finden sich immer die gleichen Todesursachen: Ernährungsstörungen, Auszehrung, Lungenentzündung.

Da eine Schwangerschaft die Arbeitsfähigkeit einer Zwangsarbeiterin minderte, wurden die Frauen entweder zur Abtreibung gezwungen oder es wurden ihnen die Kinder direkt nach der Geburt weggenommen. Das Geburtenregister der Frauenklinik Finkenau verzeichnet für die Jahre 1943 bis 1945 bei osteuropäischen Frauen rund 550 Geburten und genauso viele Abtreibungen. Nicht selten starben die Frauen bei solch einer erzwungenen Abtreibung, weil diese viel zu spät in der Schwangerschaft durchgeführt wurde.

418 verstorbene Kinder von Zwangsarbeiterinnen sind aktenkundig, für 49 von ihnen gibt es inzwischen Stolpersteine. Keiner der verantwortlichen Ärzte oder Firmen, die die Zwangsarbeiterinnen beschäftigten, wurde nach 1945 zur Rechenschaft gezogen.

Quelle: www.stolpersteine-hamburg.de



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Article published online:
13 December 2020

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