Z Gastroenterol 2021; 59(10): 1059-1067
DOI: 10.1055/a-1332-2589
Originalarbeit

Die Forschungssituation der Abdomensonografie an den deutschen Universitätskliniken. Eine Längsschnittstudie über 20 Jahre

Current state of research in abdominal ultrasonography at German university hospitals. A panel study over 20 years
Reinhard Welle
Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm, Ulm
,
Thomas Seufferlein
Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm, Ulm
,
Wolfgang Kratzer
Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm, Ulm
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Seit Jahren weist die Forschungssituation der Abdomensonografie an den deutschen Universitätskliniken Defizite auf. Weder Forschungsaktivität noch Forschungsförderung entsprechen der klinischen Bedeutung der Methode.

Ziel Analog zu den Vorgängerstudien von 1999 und 2009 ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, eine Bestandsaufnahme der abdomensonografischen Forschungssituation an den deutschen Universitätskliniken zu leisten. Im Fokus stehen die Themenfelder Forschungsaktivität, Forschungsförderung, Publikationsverhalten und die Entwicklung struktureller Rahmenbedingungen.

Material und Methoden Im Rahmen der postalisch durchgeführten Umfragestudie wurden die Leiter der gastroenterologischen Abteilungen der 34 deutschen Universitätskliniken zu den genannten Themenkomplexen befragt. Im Falle abweichender Zuständigkeit wurde um Weiterleitung des Fragebogens gebeten. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich von Mai bis September 2019, der Rücklauf betrug 79 %.

Ergebnisse Der Anteil forschender Kliniken ist mit derzeit 77 % im Vergleich zu 2009 (74 %) und 1999 (80 %) annähernd gleich verblieben. Es werden durchschnittlich jedoch weniger Projekte pro Abteilung bearbeitet, derzeit 3,2 (1999: 3,5; 2009: 3,6). Die bereits in den Voruntersuchungen als defizitär eingeschätzte Forschungsförderung hat sich weiter verschlechtert. Zurzeit geben 75 % der Abteilungsleiter an, dass ihnen keinerlei Fördermittel zusätzlich zum Abteilungsetat zu Verfügung stünden. 1999 war dies bei 60 % der Kliniken der Fall, 2009 bei 48 %. Auch die Unterstützung durch Ultraschallgerätehersteller hat derzeit mit 11 % im Vergleich zu 2009 (45 %) und 1999 (31 %) einen Tiefpunkt erreicht. Lediglich die Förderung aus öffentlichen Quellen und seitens der eigenen Universität zeigt eine positive Tendenz. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft werden derzeit keine abdomensonografischen Forschungsprojekte gefördert. Zu deren Publikationsverhalten machten 13 Universitätskliniken 1999, 2009 und 2019 konsistente Angaben. In den Voruntersuchungen noch weitgehend konstant, stieg im Erhebungszeitraum die Gesamtzahl der jährlichen Publikationen zu abdomensonografischen Fragestellungen kontinuierlich an. 75 % aller Publikationen wurden von Kliniken veröffentlicht, an denen ein Interdisziplinäres Ultraschallzentrum etabliert oder in Planung ist. Die Vorgängerstudien zeigten zudem, dass zunehmend in englischer und weniger in deutscher Sprache publiziert wurde. Dieser Trend setzt sich weiter fort. Im Erhebungszeitraum wurden 60 % der Publikationen in englischer und deutscher, 37 % ausschließlich in englischer und lediglich 3,2 % ausschließlich in deutscher Sprache veröffentlicht. Analog zu den Voruntersuchungen behandelten die meisten Publikationen klinische und nur wenige technische und grundlagenbezogene Fragestellungen. Zum Einsatz von Kontrastmittel wurde im aktuellen Erhebungszeitraum weniger publiziert als in den Voruntersuchungen. Ebenfalls rückläufig ist der Anteil an Übersichtsarbeiten. Wie bereits 2009 festgestellt, steigt der Impactfaktor ultraschallassoziierter Fachzeitschriften stetig und im Verhältnis zu radiologischen Fachzeitschriften stärker an. Dennoch stimmten lediglich 29 % der Leiter der Aussage zu, dass Ultraschall ein karriereförderliches Forschungsfeld sei.

Schlussfolgerung Es konnte keine wesentliche Verbesserung der Forschungsaktivität gezeigt werden. In Form gestiegener Publikationszahlen ist jedoch ein Trend zu leistungsstarken Forschungszentren festzustellen. Die Forschungsförderung verbleibt defizitär und hat sich in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich verschlechtert. Die Forderung der Vorgängerstudien nach einer dem Stellenwert der Methode angemessenen Forschungsförderung bleibt bestehen.

Abstract

Background The state of research in the field of abdominal ultrasonography has been deficient for years at German university hospitals. Neither research activity nor funding are appropriate given the actual clinical importance of this method.

Objective In analogy to studies conducted in 1999 and 2009, this study aims to provide a survey into the state of research in the field of abdominal ultrasonography at German university hospitals. It focuses on the topics of research activity, research funding, publication rate and the development of structural conditions.

Methods Chief gastroenterologists from Germany’s 34 university hospitals were invited to respond to a postal survey asking about the aforementioned topics. We asked them to forward the survey in case somebody else was responsible for the respective tasks. The response rate was 79 %.

Results The amount of hospitals doing research has roughly remained the same with 77 % compared to 74 % in 2009 and 80 % in 1999. On average, however, there are less research projects per department with 3.2 at the moment compared to 3.5 in 1999 and 3.6 in 2009, and research funding has continued to worsen. 75 % of the heads of departments state that they have not received any funding in addition to the usual budget. Funding by producers of ultrasound machines has also reached a low with 11 % compared to 45 % in 2009 and 31 % in 1999. Only public and university funding show a positive trend. The Deutsche Forschungsgemeinschaft (German Research Foundation) is currently not funding any research projects in the field of abdominal ultrasonography. 13 university hospitals provided information about their publication rate in 1999, 2009 and 2019. Whereas the rate had generally remained constant in the previous studies, the annual number of publications has continually increased in the current survey period. 75 % of the publications came from university hospitals that have established or are currently planning to establish interdisciplinary ultrasound centers. The previous studies also showed that more and more hospitals publish in English instead of German. This trend continues. During the survey period, 60 % of publications were both in English and German, 37 % in English and only 3 % exclusively in German. Most publications dealt with clinical and only a few technical or basic research questions. This was also the case in the previous studies. There have been less publications on the use of ultrasound contrast agents in the present survey period. There is also a decline in the number of systematic reviews. Similar to 2009, the impact factor of journals devoted to sonography is increasing and it is growing stronger than that of journals dedicated to radiology. However, only 29 % of the heads of departments agreed that ultrasonography was a field of research that improves your career prospects.

Conclusions The present study did not show a significant improvement of research activity in the field of abdominal ultrasonography. However, an increased publication rate indicates a trend towards high-performing research centers. Research funding remains deficient and has worsened in the past 20 years. The demands made by the previous studies for research funding appropriate to the importance of this clinical method remain.



Publication History

Received: 29 October 2020

Accepted: 04 December 2020

Article published online:
21 December 2020

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