Aktuelle Kardiologie 2021; 10(02): 133-137
DOI: 10.1055/a-1341-6764
Kurzübersicht

Nicht-ST-Hebungsmyokardinfarkt: Invasive Diagnostik und interventionelle Therapie nach aktueller ESC-Leitlinie

Non-ST-segment elevation myocardial infarction: Invasive diagnostics and therapy according to the recent ESC guidelines
Franziska Stephanie Burianek
1   Kardiologie, Klinikum der Universitat München, Munchen, Deutschland
,
Julinda Mehilli
2   Medizinische Klinik und Poliklinik I, Klinikum der Universität München, München, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Die 2020 neu erschienenen ESC-Leitlinien zum akuten Koronarsyndrom ohne ST-Hebungen überholen die alten Empfehlungen zur invasiven Diagnostik und Therapie aus 2018 in verschiedenen Aspekten. In Bezug auf die initiale Risikostratifizierung wird aktuell nun insbesondere zwischen Patienten mit sehr hohem Risiko sowie hohem Risiko unterschieden, die sofort (< 2 Stunden) oder früh (< 24 Stunden) invasiv diagnostiziert werden sollen. Extern erfolgreich wiederbelebte Patienten mit stabiler Hämodynamik und ohne ST-Hebungen müssen nicht mehr einer sofortigen invasiven Diagnostik zugeführt werden, sollten aber weiterhin im kurzfristigen Abstand invasiv abgeklärt werden. Hinsichtlich technisch-prozeduraler Aspekte wurde die bisherige Empfehlung zur kompletten Revaskularisierung bei stabilen Patienten mit Mehrgefäßerkrankung weiter aufgewertet. Insgesamt sollte eine komplette Revaskularisierung stattfinden – dies kann, muss aber nicht während der Index-Prozedur erfolgen. Ferner kann eine FFR-Messung von Nicht-Culprit-Läsionen während der Index-Prozedur durchgeführt werden. Standardmäßig sollte nun auch für NSTE-ACS-Patienten der radiale Zugangsweg gewählt werden.

Abstract

The 2020 ESC guidelines on acute coronary syndromes in patients presenting without persisting ST-segment elevation, revise the old recommendations concerning invasive diagnostics and therapy from 2018 in several aspects. Regarding the initial risk stratification, an early invasive strategy (< 24 hours) is mainly recommended in high-risk patients, whereas an immediate invasive strategy (< 2 hours) is recommended in very high-risk patients. Successfully out-of-hospital resuscitated patients with stable hemodynamics and without ST-segment elevations no longer need to undergo immediate invasive diagnostics, but nonetheless should be invasively clarified with short delay. Regarding technical and procedural aspects, the previous recommendation for complete revascularization in stable patients with multivessel disease has been further upgraded. Overall, a complete revascularization should be considered, and this can but does not have to be achieved during the index procedure. Furthermore, FFR measurement of non-culprit lesions can be performed during the index procedure. By default, the radial access route should be selected for NSTE-ACS patients.

Was ist wichtig?

  • Die Einführung des hochsensitiven kardialen Troponins (hs-cTn) hat einen wesentlichen Beitrag zur Früherkennung der Myokardischämie geleistet.

  • Neu ist in den Leitlinien von 2020 ein Wegfall der Patientengruppe mit intermediärem Risiko.

  • Das therapeutische Prozedere bei Patienten mit außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand im Rahmen eines NSTE-ACS muss individuell unter Berücksichtigung der Hämodynamik sowie des neurologischen Status festgelegt werden.

  • Eine komplette Revaskularisierung sollte stattfinden – diese kann, muss aber nicht während der Index-Prozedur erfolgen.

  • Bei Patienten im kardiogenen Schock und koronarer Mehrgefäßerkrankung ist die sofortige alleinige PCI der „culprit lesion“ vorteilhaft im Vergleich zu einer sofortigen Revaskularisation auch von nicht infarktrelevanten Koronarstenosen.

  • Die Indikation zur PCI bzw. aortokoronaren Bypassoperation soll durch das patienten- und prozeduradjustierte Risiko hinsichtlich Morbidität und Letalität gegenüber dem zu erwartenden Nutzen hinsichtlich Kurz- und Langzeitprognose, Symptomfreiheit, Lebensqualität und Krankenhausaufenthalt sowie Patientenwunsch abgewogen werden.



Publication History

Article published online:
26 April 2021

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