Z Gastroenterol 2021; 59(02): 162-164
DOI: 10.1055/a-1363-5721
Mitteilungen der DGVS

Stellungnahme der DGVS zur Nutzenbewertung von Bulevirtid (Chronische Hepatitis-Delta-Virus(HDV)-Infektion, HDV-RNA-positiv)

Einleitung und Stand des Wissens

Bei der chronischen Hepatitis-D-Virus(HDV)-Infektion handelt es sich um eine Ko- bzw. Superinfektion einer chronischen Hepatitis-B-Virus(HBV)-Infektion. Eine aktiv replizierende HBV-Infektion ist obligat, da sich HDV des Oberflächenantigens von HBV zur Infektion von Leberzellen bedient [1]. Verglichen mit einer chronischen HBV-Monoinfektion ist die HDV-Ko- bzw. -Superinfektion mit einer rascheren Krankheitsprogression hin zu einer Leberzirrhose mit entsprechenden Komplikationen und einem höheren Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) assoziiert [2]. Die einzige verfügbare Therapieoption für die chronische HDV-Infektion war vor der Zulassung von Bulevirtid eine Therapie mit pegyliertem Interferon-alfa-2a (PEG-IFN-alfa-2a). Diese Therapie war und ist jedoch mit einem ausgeprägten Nebenwirkungsprofil und diversen Kontraindikationen für eine Therapie sowie einem schlechten Therapieansprechen und hohen Relapse-Risiko assoziiert [3] [4]. PEG-IFN-alfa-2a ist außerdem nicht explizit für die HBV/HDV-Ko- bzw. -Superinfektion zugelassen. Für die Therapie der chronischen HBV-Infektionen stehen außerdem drei hochpotente Nukleosid-/Nukleotidanaloga (NAs) zur Verfügung (Entecavir, Tenofovir-disoproxil und Tenofovir-alafenamid). NAs haben jedoch in Bezug auf relevante Endpunkte in der Monotherapie der HBV/HDV-Ko- bzw. -Superinfektion keine Wirksamkeit und stellen somit auch keine tatsächliche Vergleichstherapie dar [5]. Mit Bulevirtid liegt nun erstmals eine spezifisch für die HDV-Infektion zugelassene Therapieoption vor. Bulevirtid ist ein modifiziertes, 47 Aminosäuren langes Proteinfragment, das der optimierten Konsensussequenz des großen HBV-Oberflächenproteins entstammt. Es blockiert hochspezifisch einen Gallensäurenrezeptor (Natrium/Gallensäure-Cotransporter, NTCP), der sowohl von HBV als auch von HDV zum Eintritt in die Leberzellen genutzt wird. Durch die Blockade dieses Rezeptors wird der Eintritt dieser Viren in die Leberzellen verhindert [6]. Bulevirtid ist seit 2020 zur Therapie der chronischen HDV-Infektion zugelassen und wird in einer Dosis von 2 mg pro Tag mittels subkutaner Injektion verabreicht. Bulevirtid kann entsprechend der Zulassung allein oder in Kombination mit einem NA rezeptiert werden. Da es sich bei der chronischen HDV-Infektion in Deutschland um eine seltene Erkrankung handelt, hat Bulevirtid zurzeit einen Orphan-Drug-Status.



Publication History

Article published online:
08 February 2021

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  • Literatur

  • 1 Zhang Z, Urban S. New Insights into Hepatitis D Virus Persistence: the Role of Interferon Response and Implications for Upcoming Novel Therapies. Journal of Hepatology 2020; DOI: 10.1016/j.jhep.2020.11.032
  • 2 Romeo R. et al. A 28-Year Study of the Course of Hepatitis Δ Infection: A Risk Factor for Cirrhosis and Hepatocellular Carcinoma. Gastroenterology 2009; 136: 1629-1638
  • 3 Wedemeyer H. et al. Peginterferon alfa-2a plus tenofovir disoproxil fumarate for hepatitis D (HIDIT-II): a randomised, placebo controlled, phase 2 trial. Lancet Infect Dis 2019; 19: 275-286
  • 4 Heidrich B. et al. Late HDV RNA relapse after peginterferon alpha-based therapy of chronic hepatitis delta. Hepatology 2014; 60: 87-97
  • 5 Lampertico P. et al. EASL 2017 Clinical Practice Guidelines on the management of hepatitis B virus infection. Journal of Hepatology 2017; 67: 370-398
  • 6 Blank A. et al. First-in-human application of the novel hepatitis B and hepatitis D virus entry inhibitor myrcludex B. J Hepatol 2016; 65: 483-489
  • 7 Yurdaydin C. et al. Treating chronic hepatitis delta: The need for surrogate markers of treatment efficacy. J Hepatol 2019; 70: 1008-1015