Z Orthop Unfall 2022; 160(05): 517-525
DOI: 10.1055/a-1394-6469
Original Article/Originalarbeit

Risikoanalyse perioperativer Infiltrationen bei arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht der Schulter – ein systematischer Review

Perioperative Injektionen Article in several languages: English | deutsch
Marius von Knoch
1   Shoulder Surgery, Osterholz County Hospital, Osterholz-Scharmbeck, Germany
2   Shoulder Surgery, AMEOS Klinikum Seepark Geestland, Geestland, Germany
,
Mike H. Baums
3   Department of Orthopaedics, Trauma Surgery and Sports Traumatology, Catholic Hospital Ruhrgebiet Nord GmbH, Dorsten, Germany
,
Wolfgang Lehmann
4   Department of Trauma Surgery, Orthopaedics and Plastic Surgery, Georg-August-University Göttingen Medical Centre, Göttingen, Germany
,
Stephan Frosch
4   Department of Trauma Surgery, Orthopaedics and Plastic Surgery, Georg-August-University Göttingen Medical Centre, Göttingen, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die vorliegende Arbeit analysierte durch einen systematischen Review das Risiko von perioperativen Injektionen bei arthroskopischer Rekonstruktion der Rotatorenmanschette der Schulter. Von Interesse war die Frage, ob perioperative lokale Injektionen das Infektionsrisiko erhöhen und ob die Anzahl postoperativer Revisionen erhöht ist.

Material und Methoden Es wurde eine systematische Durchsicht der Datenbank der U. S. National Library of Medicine/National Institutes of Health (PubMed) und der Cochrane Library unter Anwendung der PRISMA-Checkliste durchgeführt. Als Suchwörter dienten „shoulder“ und „arthroscopy“ und „injection“ und „risk“. Im Verlauf wurden Arbeiten ausgeschlossen, die sich nicht auch primär mit der Rekonstruktion der Rotatorenmanschette beschäftigten. Englischsprachige Originalarbeiten und Fallserien, die mindestens anteilig arthroskopische Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette enthielten, wurden eingeschlossen. Das Verzerrungsrisiko wurde mithilfe der Newcastle-Ottawa Scale ermittelt. Die für die Forschungsfragen relevanten Artikel wurden inhaltlich analysiert.

Ergebnisse Es wurden primär 48 Treffer generiert. Neun Artikel entsprachen den Einschlusskriterien und wurden analysiert. In 6 Arbeiten mit näheren Angaben zur injizierten Substanz war in 98 – 100% der Fälle Kortison verwendet worden. Die berichteten Infektions- und Revisionsraten waren mit Injektion höher als ohne. Das Verzerrungsrisiko der hier analysierten Studien war auf Grundlage der Ermittlung der Newcastle-Ottawa Scale eher gering. Das Risiko einer Infektion nach einer Injektion mit Kortison vor, während oder nach einer Operation war erhöht. Innerhalb von 2 Wochen vor Operation war eine Injektion in bis zu 8% der Fälle mit einer Infektion assoziiert. Innerhalb von 4 Wochen nach Operation war das Infektionsrisiko um bis zu 11-fach erhöht. Ebenso war das Risiko einer Revisionsoperation nach Injektion erhöht, wobei die zeitlichen Abstände zwischen Injektion und Operation zwischen den Studien teilweise differierten.

Diskussion Lokale Infektionen und in geringerem Maße Revisionsoperationen sind mit perioperativen Injektionen (mit Kortison) innerhalb von 3 Monaten vor und bis 4 Wochen nach Operation assoziiert. Es lagen aber lediglich Datenbankanalysen von Versichertendaten mit mehreren Arbeiten aus wenigen Zentren vor. Somit konnten keine kausalen Zusammenhänge nachgewiesen werden. Aktuell kann aber bei vorsichtiger Herangehensweise Folgendes empfohlen werden: Der zeitliche Abstand zwischen Injektion mit Kortison vor Operation sollte mindestens 2 Wochen, besser 3 Monate betragen. Intraoperative Injektionen mit Kortison sind nicht empfehlenswert. Postoperativ sollte für mindestens 4 Wochen keine Injektion mit Kortison erfolgen. Wenn im Ausnahmefall von diesen zeitlichen Grenzen abgewichen wird, ist eine Aufklärung der Patienten über ein erhöhtes Risiko angezeigt.



Publication History

Article published online:
29 March 2021

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