Im OP 2021; 11(04): 178
DOI: 10.1055/a-1441-4305
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Künstliche Intelligenz beurteilt chirurgische Leistung

Universitätsspital Bern

Einem Forschungsteam des Inselspitals, Universitätsspital Bern und der Firma caresyntax ist der Nachweis gelungen, dass künstliche Intelligenz (KI) die Fertigkeiten von Chirurgen zuverlässig beurteilen kann. Mit einem dreistufigen Verfahren ist eine Methode vorgestellt, die mit hoher Trefferquote gute und mäßige Leistungen korrekt zuordnet. Damit ist der Weg frei für weitere Schritte in Richtung von KI-gestützten Expertensystemen.

In der Schweiz werden jährlich über 1 Million Operationen durchgeführt. Die Fertigkeit von Chirurgen hat direkte Auswirkungen auf das Operationsergebnis. Dabei spielen Schulung und Erfahrung wie auch momentane Ermüdung und andere Einflussfaktoren eine Rolle. Heute wird die Fertigkeit durch Experten geprüft, entweder direkt während einer Operation oder durch die Auswertung von Videomaterial. Dieses Verfahren ist sehr aufwendig. Es steht nur eine begrenzte Anzahl von Experten zur Verfügung. Die Beurteilung kann variieren und ist nicht immer vollständig reproduzierbar. Seit einiger Zeit werden Versuche unternommen, die Beurteilung von Chirurgen zu automatisieren und zu objektivieren.

Das zentrale Resultat der Studie ist der Nachweis der prinzipiellen Machbarkeit einer auf KI basierenden Beurteilung der Fertigkeiten eines Chirurgen im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs. Die eingesetzte KI identifizierte gute beziehungsweise mäßige chirurgische Fertigkeit mit einer Treffgenauigkeit von 87 %. Dies ist als ein sehr gutes Resultat einzustufen.

Der Erstautor Joël Lavanchy erläutert: „Überraschend war die große Genauigkeit der Algorithmen mit der gewählten Methode. Unsere Methode der Beurteilung chirurgischer Fähigkeiten basiert auf der Analyse der Instrumentenbewegung. Die chirurgischen Instrumente wurden mittels Computeralgorithmen identifiziert und ihre Bewegung über die Zeit analysiert.“

Das Forschungsteam verwendete einen neu entwickelten, dreistufigen Ansatz. Der Studie lagen 242 Videos von laparoskopischen Eingriffen zur Entfernung der Gallenblase zugrunde. In einem ersten Schritt wurden die verwendeten Instrumente identifiziert. Dazu wurde ein Convolutionales Neurales Netzwerk (CNN) zur Erkennung von Instrumenten trainiert. Im zweiten Schritt wurden die Bewegungen analysiert und deren Muster extrahiert. In einem dritten Schritt wurden die extrahierten Bewegungsmuster unter Verwendung einer linearen Regression mit der Beurteilung durch Experten korreliert.

Die vorliegende Studie ist ein erster wichtiger Schritt zu einer breiteren Beurteilung der chirurgischen Leistung. Bis die Technologie in der klinischen Praxis eingesetzt werden kann, sind noch vertiefende Schritte nötig. Zum einen müssen die KI-Algorithmen auf einer breiteren Datenbasis trainiert werden, um die Erkennung der Instrumente weiter zu verbessern. Zudem sind zusätzliche Operationen zu untersuchen und mittelfristig können auch Videos von offenen Operationen sowie Eingriffe außerhalb des Bauchraums in Angriff genommen werden.



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Article published online:
22 June 2021

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