Allgemeinmedizin up2date 2022; 03(04): 277-294
DOI: 10.1055/a-1469-3904
Allgemeines - Notfall - Prävention

Labordiagnostik in der Hausarztpraxis – mehr Effizienz durch Evidenz

Carsten Köber

Als erste Anlaufstelle für Patienten sieht sich der Hausarzt mit vielfältigen Fragestellungen konfrontiert. Zweifelsohne steht an erster Stelle eine differenzierte Anamnese, wodurch sich mit einer gezielten körperlichen Untersuchung schon 80% der Diagnosen sicher stellen lassen. Bei den verbleibenden 20% der Beratungsanlässe stellt die Laboranalytik als leicht verfügbare Methode einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg zur korrekten Diagnose dar.

Kernaussagen
  • Bei Atemwegsinfektionen kann im hausärztlichen Bereich ein CRP von 35–40mg/dl als sinnvoller Cut-Off zur Entscheidungsfindung für oder gegen eine Antibiotikatherapie herangezogen werden.

  • Bei präoperativen Untersuchungen sollte sich der Umfang der Laboruntersuchungen an der individuellen Risiko- und Medikamentenanamnese orientieren – insbesondere kann auf eine Bestimmung der Gerinnungsparameter meist verzichtet und mit besserer Evidenz eine standardisierte Gerinnungsanamnese durchgeführt werden.

  • Für eine Diagnostik bei Verdacht auf eine Störung der Schilddrüsenfunktion ist es ausreichend, ausschließlich TSH zu bestimmen und bei pathologischem Ergebnis freies Tetrajodthyronin nachzumelden.

  • Mit unauffälligen Transaminasen lassen sich relevante Lebererkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen.

  • Sollte bei einem Borrelioseverdacht eine Laboruntersuchung indiziert sein, ist eine Stufendiagnostik mit einem hochsensitivem Antikörpersuchtest, im positiven Fall gefolgt von einem Immunoblot, eine zielführende Strategie.

  • Neben Ferritin und kleinem Blutbild kann eine Mitbestimmung der Retikulozytenzahl zur Berechnung des Retikulozyten-Proliferations-Index die Einschätzung der Situation erleichtern.

  • Mit einer HLA-Typisierung und der Bestimmung von Transglutaminase-IgA-Antikörpern lassen sich bei entsprechendem Verdacht gute Aussagen für oder gegen die Diagnose Zöliakie treffen.

  • Besteht der Verdacht auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, kann Calprotectin einen wesentlichen Beitrag zur Diagnosefindung schon vor einer invasiven Untersuchung leisten.

  • Mit hochspezifischen Laboruntersuchungen lassen sich Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigen, ein Ausschluss hingegen ist mit hochsensitiven Tests zu führen.



Publication History

Article published online:
10 November 2022

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