Die Wirbelsäule 2023; 07(02): 62-63
DOI: 10.1055/a-1536-8862
Editorial

Biomechanik

Werner Schmölz

Liebe Mitglieder der DWG, liebe Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich freue mich, Ihnen die Ausgabe 2/2023 der Zeitschrift Die Wirbelsäule mit dem Schwerpunktthema Biomechanik präsentieren zu dürfen.

Der Begriff der Biomechanik fällt oftmals im Zusammenhang mit dem muskuloskelettalen System, seinen pathologischen Erkrankungen sowie der Interpretation und Erklärung von Outcomes nach operativen und konservativen Therapien. Die Biomechanik im weiteren Sinne ist definiert als die Anwendung von mechanischen Prinzipien auf biologische Systeme. Es ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die die Prinzipien der Mechanik, Mathematik und Ingenieurwissenschaften mit den Konzepten der Physiologie, Anatomie und Medizin verbindet.

Bezogen auf die Wirbelsäule werden Studien, welche sich mit ihrer Struktur und Funktion beschäftigen unter dem Begriff Biomechanik der Wirbelsäule zusammengefasst. Dies beinhaltet Untersuchungen von Belastungen, die auf die Wirbelsäule während der Bewegung einwirken, sowie die Analyse von Kräften, Momenten und Spannungen, die in den einzelnen Wirbeln und Bandscheiben während der Bewegung auftreten. Kenntnisse über die Biomechanik der Wirbelsäule können helfen, die Ursachen von Schmerzen und Verletzungen der Wirbelsäule zu identifizieren und die Funktions- und Wirkweise von verschiedenen Operationstechniken und Implantaten zur Behandlung von degenerativen und traumatischen Pathologien zu verstehen. Das Methodenspektrum von biomechanischen Studien ist sehr breit gefächert und reicht von „in vivo“ Untersuchungen am Patienten über „in silico“ Untersuchungen mit computergestützten Rechen- und Simulationsmodellen bis hin zu „in vitro“ Untersuchungen an Präparaten.

Die Biomechanik der Wirbelsäule mit noch vielen unerforschten Bereichen und offenen Fragen ist ein kontinuierlich wachsender Forschungsbereich.

Mit dieser Ausgabe und dem Schwerpunktthema Biomechanik wollen wir Ihnen ausgewählte Themenbereiche der Biomechanik näherbringen.

Die Biomechanik der Halswirbelsäule und ihre anatomischen Grundlagen werden von Decker et al. vorgestellt. In dem Artikel wird die physiologische Anatomie sowie deren funktionellen Zusammenhänge zur Behandlung von zervikalen Pathologien beschrieben.

Liebsch gibt in seinem Artikel einen Überblick über die aktuellen biomechanischen in vitro Untersuchungen der thorakalen Wirbelsäule. Bez. der Kinematik wird auf den Bewegungsumfang der einzelnen Segmente, die gekoppelten Bewegungen als auch die Rotationszentren eingegangen. Zusätzlich wird der Einfluss des Brustkorbs, der Degeneration sowie chirurgischer Eingriffen und Frakturen auf die biomechanischen Eigenschaften der thorakalen Wirbelsäule diskutiert.

Lener et al. berichten über in vitro Untersuchungen zu dem Einfluss von verschiedenen Dekompressionstechniken in der lumbalen Wirbelsäule auf den segmentalen Bewegungsumfang. In einer aktuellen Studie wurden explizit degenerierte Segmente untersucht um weitere Erkenntnisse über den Anstieg der segmentalen Beweglichkeit aufgrund von verschiedenen Dekompressionstechniken zu gewinnen.

Spicher et al. stellen in einem Übersichtsartikel biomechanische in vitro Testungen zur Verankerung von thorakolumbalen Pedikelschrauben vor und diskutieren die Vor- und Nachteile verschiedener Methoden. Zusätzlich werden ausgewählte, für die klinische Anwendung relevante Ergebnisse zu der Schraubenaugmentation aus der publizierten Literatur gegeben.

Ich würde mich freuen, wenn diese Ausgabe und deren Inhalt Ihr Interesse an der biomechanischen Forschung weckt oder bestärkt und Sie aus den Beiträgen neue und wichtige Erkenntnisse für Ihren Arbeitsalltag gewinnen können.

Ihr
Werner Schmölz



Publication History

Article published online:
02 May 2023

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