Dialyse aktuell 2021; 25(10): 395
DOI: 10.1055/a-1557-4357
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Mineralstoffhaushalt bei Nierenpatienten

Markus Ketteler
1   Stuttgart
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Prof. Dr. med. Markus Ketteler, Stuttgart

4 Jahre nach dem KDIGO-Leitlinien-Update zu den Störungen des Mineral- und Knochenhaushalts bei chronischen Nierenerkrankungen (CKD-MBD) sind insbesondere neue Therapeutika zur Behandlung des sekundären renalen Hyperparathyreoidismus (sHPT) eingeführt worden bzw. sie stehen kurz vor der Markteinführung. Diese Entwicklung war für uns ein Grund, mit 2 Artikeln auf die Pathophysiologie bzw. das Management des sHPT einzugehen. In den nächsten Monaten wird zum einen voraussichtlich Extended-Release-Calcefediol (ERC) in Europa und auch in Deutschland zur Verfügung stehen. Die Galenik von ERC verursacht eine gleichmäßige und sehr langsame intestinale Resorption des Calcefediol, was zu einem allmählichen Anstieg der Konzentration von 25-OH-Vitamin D (25(OH)D) im Serum führt und dabei die Feedback-Aktivierung der katabolen 24-Hydroxylasen umgeht. Dies führt zu einer annähernd parallelen Senkung des PTH, wobei allerdings das Erreichen eines 25(OH)D-Spiegels von über 50 ng/ml für eine volle Effektivität erforderlich ist – ohne dass die Zulassungsstudien signifikante Risiken für Hyperkalzämien oder Hyperphosphatämien gezeigt hätten. ERC scheint als sHPT-Bremse insbesondere in den CKD-Stadien G3–G4 sehr vielversprechend.

Schon länger klinisch verfügbar ist zum anderen das parenterale Calcimimetikum Etelcalcetid. Diesbzgl. sind nun sog. Real-World-Daten publiziert worden, die insbesondere den Wert der kontrollierten i. v. Verabreichung an der Dialyse dokumentieren. Patienten hatten ein Cinacalcet-Washout unterlaufen, und diejenigen Patienten ohne konsekutiven PTH-Anstieg konnten als verdachtsweise nichtadhärent identifiziert werden. Dieser Verdacht konnte anschließend insofern bestätigt werden, dass es unter Etelcalcetid zu deutlicher Wirksamkeit im Sinne entsprechender PTH-Abfälle kam. Diese Substanz bleibt jedoch Hämodialysepatienten vorbehalten.

In der Diagnostik der CKD-MBD hält voraussichtlich darüber hinaus der T50-Assay in absehbarer Zeit Einzug. Dieser integrale Serumtest für das systemische Kalzifizierungsrisiko von Patienten konnte inzwischen in multiplen Studien hinsichtlich der assoziierten kardiovaskulären Risiken und Mortalitätsrisiken evaluiert werden – hier gibt der Artikel von PD Dr. Andreas Pasch, Bern (Schweiz), einen exzellenten Überblick. Für mich liegt der potenzielle klinische Wert v. a. in der Überprüfung unserer Therapieoptionen hinsichtlich dieser Pathobiologie: Wir setzen z. B. Calcimimetika oder auch kalziumfreie Phosphatbinder in der Praxis ein, um die Progression kardiovaskulärer Verkalkungen zu limitieren – der T50-Test sollte in der Lage sein, einen solchen Therapieerfolg messbar zu machen oder ggf. auch zu falsifizieren.

Wir hoffen, dass die Aufarbeitung dieser beiden Themen – sHPT bzw. Verkalkungsrisiko – Interesse weckt und einen besseren Blick auf in absehbarer Zeit verfügbarer neuer Therapie- bzw. Diagnostikansätze erlaubt.



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Article published online:
14 December 2021

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