Endo-Praxis 2021; 37(04): 185-192
DOI: 10.1055/a-1558-5198
Weiterbildung

Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP)

Uwe Gottschalk
1   ESFAB-Berlin
,
Silke Bichel
2   Klinikum Nordfriesland, Husum
› Author Affiliations
Steckbrief

Bei der ERCP erfolgt die Sondierung des Gallen- und/oder Pankreasgangsystems durch die Papilla major oder Papilla minor. Dafür wird fast immer ein Seitblick-Endoskop verwendet, durch welches ein Katheter bzw. weiterführendes interventionelles Zubehör in das Gangsystem eingebracht werden. Um pathologische Veränderungen oder z. B. Gangkonkremente sehen zu können, wird über den Katheter jodhaltiges Kontrastmittel injiziert. Dies erfolgt unter radiologischer Durchleuchtung und Bilddokumentation relevanter Befunde.

Komplikationen

  • Akute Pankreatitis durch mechanische Reizung des peripapillären Pankreas bzw. chemische Reizung durch das Kontrastmittel

  • Perforationen der Duodenalwand oder des Gallengangs

  • Infektion des Gallen- oder Pankreasgangsystems durch eingeschleppte Erreger

Anatomie

Das Gallengangsystem baut sich aus kleinen intrahepatischen Gängen zu einem Hauptgang zusammen. Dieser verläuft vom Leberhilus zur Papilla major und mündet dann im Duodenum. Von diesem Hauptgang geht ein Gang zur Gallenblase ab.

Das Pankreasgangsystem besteht aus zwei Gängen. Der Hauptgang (Ductus Wirsungianus) mündet in der Papilla major und der Nebengang (Ductus Santorini) in der Papilla minor. Es gibt hier verschiedene anatomische Varianten.

Hinweis zur Durchführung

Die Untersuchung erfolgt nahezu immer in Sedierung. Das Untersuchungspersonal muss wegen der Durchleuchtung persönlichen Strahlenschutz tragen, der Patient muss soweit möglich geschützt werden und die Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes sind zu beachten. Da ein meist primär steriles Gangsystem sondiert wird, muss das Endoskop desinfiziert und der Untersuchungstisch primär steril sein. Während der Untersuchung ist wegen der Kontamination durch den Patienten keine Sterilität zu gewährleisten. Jedoch dient die keimreduzierte Arbeitstechnik der Infektionsprophylaxe durch Reduzierung der Gefahr von Patientenkontamination durch Fremdkeime.

Da für die Untersuchung verschiedene Materialien eingesetzt werden können, muss unbedingt vor Beginn jeder Untersuchung eine Absprache zwischen Arzt und Assistenz erfolgen und das notwendige Arbeitsmaterial in Griffnähe bereitgelegt werden. Unter endoskopischer Sicht erfolgt die Sondierung der Papille. Die Kontrastmittelgabe erfolgt vorsichtig und langsam, da sonst wichtige Details „überspritzt“ werden können.

Die endoskopische Assistenz während der ERCP erfordert neben dem Fachwissen mit anatomischen Grundkenntnissen und einer umfassenden Materialkenntnis ein gefühlvolles Handling für die Kontrastmittelgabe im Hinblick auf Zeit, Menge und Druck sowie auf die Führung des Instrumentariums wie z. B. die Gangsondierung mithilfe eines Führungsdrahts.

Checkliste

  1. Verantwortlichkeiten und Qualifikationen klären: Sedierungsführung (CAVE: ASA-Klassifikation), Assistenz, ggf. Springer

  2. Administrative Vorbereitung: Untersuchungsraum mit Durchleuchtungsmöglichkeit, Patientendaten einschließlich Einverständniserklärungen, Vorbefunde, Sicherheitscheckliste/Überwachungsprotokoll, Dokumentation Strahlendosis

  3. Pflegerische Vorbereitung: Patient einschließlich fachgerechter Patientenpositionierung, Pflegeanamnese einschließlich Metallimplantate, Wärmemanagement wegen tiefer Sedierung und Untersuchungsdauer

  4. Apparative Vorbereitung Untersuchungsraum inklusive Strahlenschutz und PSA (Persönliche Schutzausrüstung) sowie Patientenschutz laut Röntgenverordnung beachten:

    • PSA (Persönliche Schutzkleidung) wie Röntgenschürze, Strahlenschutzbrille, Bleischutz/Schilddrüse sowie Strahlen-Dosimeter tragen.

    • Schutz vor Streustrahlung: Bleiglasfenster, ggf. Bleimatte je nach Lokalisation der Strahlenquelle, gepulste Röntgendurchleuchtung sowie Nutzung der „Last-image hold Funktion“

    • Strahlenschutz Patient: Bleimatte, Gonadenschutz

  5. Instrumentelle Vorbereitung unter Beachtung der keimreduzierten Arbeitstechnik

  6. Klärung Patientenpositionierung (Seitenlage/Bauchlage)

  7. Absprache über die Art des Vorgehens und damit über die einzusetzenden Katheter, Führungsdrähte usw.

  8. Nachsorge Patient (Risiko einer möglichen Komplikation einschätzen und bei Übergabe an Station mitteilen)

  9. Nachsorge Instrumentarium sowie Untersuchungsraum

  10. Dokumentation Befund-, Bild- und Nachsorge einschließlich Strahlendosis



Publication History

Article published online:
15 October 2021

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  • Weiterführende Literatur

  • 1 Denzer U. et al. S2k-Leitlinie Qualitätsanforderungen in der gastroenterologischen Endoskopie 2015. Z Gastroenterol 2015; 53: 1496-1530
  • 2 Keymling M. et al. Das ERCP-Buch. Stuttgart: Thieme; 2012
  • 3 Bichel S. Facharbeit im Rahmen der Fachweiterbildung für den Endoskopiedienst. Mehr Patientenkomfort in der Endoskopie durch korrektes Lagerungsmanagement. Berlin: 2012
  • 4 Bichel S, Saß NL. Organisationshandbuch Endoskopie im Klinikum Nordfriesland gGmbH/Klinik Husum, Verfahrensanweisung: Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP).