CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(07): 727-735
DOI: 10.1055/a-1731-7441
GebFra Science
Review

Mechanische Methoden zur Geburtseinleitung nach vorangegangener Sectio – eine aktualisierte, evidenzbasierte Übersicht

Article in several languages: English | deutsch
Werner Rath
1   Medizinische Fakultät, Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, Germany
,
Lars Hellmeyer
2   Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin, Germany
,
Panagiotis Tsikouras
3   Department of Obstetrics and Gynecology, Democritus University of Thrace, Alexandroupolis, Greece
,
Patrick Stelzl
4   Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gynäkologische Endokrinologie, Kepler Universitätsklinikum, Johannes Kepler Universität Linz, Linz, Austria
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Zusammenfassung

Bisher gibt es keine evidenzbasierten Empfehlungen, welche Methode zur Geburtseinleitung nach vorangegangener Sectio, insbesondere bei unreifer Zervix, zu bevorzugen ist, da randomisierte, kontrollierte Studien fehlen. Oxytocin intravenös und Misoprostol sind bei diesen Schwangeren aufgrund des erhöhten Rupturrisikos kontraindiziert. Bei reifer Zervix (Bishop Score > 6) ist die intravenöse Gabe von Oxytocin ein effektives Verfahren mit vergleichbaren Raten an Uterusrupturen wie beim Abwarten spontaner Wehen. Vaginales Prostaglandin E2 (PGE2) und mechanische Methoden (Ballonkatheter, hygroskopische Zervixdilatatoren) sind effektive Methoden zur Geburtseinleitung nach Sectio bei unreifer Zervix. Nach aktuellen Leitlinien ist die Gabe von PGE2 im Vergleich zu Ballonkathetern mit einer höheren Rate an Uterusrupturen assoziiert. Daher stellen Ballonkatheter eine geeignete Alternative zu PGE2 zur Geburtseinleitung nach Sectio dar, ungeachtet ihres Off-Label Use. Nach 2 Metaanalysen 2016 sind 12 weitere meist retrospektive Kohorten-/Beobachtungsstudien mit niedriger bis mäßiger Evidenz zu mechanischen Methoden der Zervixreifung nach vorangegangener Sectio publiziert worden. Allerdings lassen sich aufgrund der erheblichen Heterogenität zwischen den Studien, erheblichen Unterschieden im Studiendesign und der unzureichenden Zahl eingeschlossener Schwangerer keine evidenzbasierten Empfehlungen aus diesen Untersuchungen ableiten. Nach einer aktuellen Metaanalyse liegt die Rate vaginaler Geburten nach vaginalem PGE2 bei im Mittel 66%, unseren Untersuchungen zufolge bei Anwendung von Ballonkathetern und unreifer Zervix bei durchschnittlich 53% und bei Schwangeren mit Abwarten spontaner Wehen bei im Mittel 72%. Die Frequenz an Uterusrupturen beträgt mit vaginalem PGE2 0,2–0,9% und mit Ballonkathetern 0,56–0,94% und ist damit der nach Abwarten spontaner Wehen vergleichbar. Hygroskopische Zervixdilatatoren (Dilapan-S) sind unter Berücksichtigung von Produktinformationen die derzeit einzige „erlaubte“ Methode zur Zervixreifung/Geburtseinleitung nach Sectio, allerdings ist die diesbezügliche Datenlage völlig unzureichend. Zur Entscheidungsfindung sind daher gut konzipierte randomisierte, kontrollierte Studien mit adäquater Fallzahl zum Vergleich von Ballonkathetern und hygroskopischen Zervixdilatatoren einerseits und mechanischen Methoden und vaginalem Prostaglandin E2/oralem Misoprostol andererseits erforderlich.



Publication History

Received: 06 December 2021

Accepted after revision: 29 December 2021

Article published online:
16 March 2022

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