PPH 2022; 28(05): 258
DOI: 10.1055/a-1884-6741
Rund um die Psychiatrie

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien

Lotar Rihtarić M, Vrselja I, Löw A. Relationship between passion for playing video games and behavioral school engagement: Mediation through time spent playing. Cyberpsychology: Journal of Psychosocial Research on Cyberspace 2022; 16 (3), Article 7. doi:10.5817/CP2022-3-7

Hintergrund: In der heutigen Zeit verbringen Kinder und Jugendliche oftmals einen Großteil ihrer Freizeit mit digitalen Spielangeboten. Das Spielen von Videogames kann als Unterhaltung dienen – es kann aber auch zu Verhaltensstörungen führen. Zwar zeigen einige Studien, dass das Spielen von Videospielen für Kinder von Vorteil sein kann. Jedoch deuten Forschungsarbeiten vermehrt darauf hin, dass sich das Spielen von Videospielen negativ auf verschiedene Aspekte der psychischen Verfassung von Kindern und auf ihr Verhalten auswirken kann und zum Beispiel zu Angstzuständen, Einsamkeitsgefühl, Depressionen und aggressivem Verhalten führen kann.

Das dualistische Modell betrachtet Leidenschaft aus einer motivationalen Perspektive und unterscheidet zwischen harmonischer und zwanghafter Leidenschaft. Harmonische Leidenschaft für eine Aktivität bedeutet, dass das Individuum die Kontrolle über diese Aktivität ausübt und sie unterbrechen kann, wenn etwas anderes getan werden muss – bei der zwanghaften Leidenschaft tritt das Gegenteil ein. Das Ziel dieser Studie war es, die Beziehung zwischen harmonischer und zwanghafter Leidenschaft für das Spielen von Videogames und verhaltensbezogenem Schulengagement zu untersuchen.

Methode: Die Daten für diese Online-Studie wurden aus einer Convenience-Quote-Stichprobe von 568 Gymnasiasten (55,5 % Jungen) zwischen 14 und 19 Jahren (M = 15,89; SD = 1,16) erhoben. Die Probanden berichteten über ihre Leidenschaft für das Spielen von Videospielen, die dafür genutzte Zeit sowie ihr Verhalten in der Schule.

Ergebnis: Die Ergebnisse wurden im Kontext des „Dualistic Model of Passion“ diskutiert. Die Analyse zeigte, dass sowohl die harmonische als auch die zwanghafte Leidenschaft direkte Auswirkungen auf das verhaltensbezogene Schulengagement hat. Zudem wurden indirekte Auswirkungen festgestellt aufgrund der Gesamtzeit, die für das Spielen von Videogames aufgewendet wurde.

Eine erhöhte harmonische Leidenschaft stand in direktem Zusammenhang mit einem gesteigerten Schulengagement, war aber gleichzeitig auch indirekt mit geringerem Schulengagement verbunden, da mehr Zeit für das Spielen von Videospielen verwendet wurde. Im Gegensatz dazu war eine höhere zwanghafte Leidenschaft sowohl direkt als auch indirekt aufgrund der erhöhten Spielzeit mit einem geringeren Engagement in der Schule verbunden.

Fazit: Eine zwanghafte Leidenschaft für das Spielen von Videogames wirkt sich negativ auf das Schulengagement aus. Eine harmonische Leidenschaft hat das Potenzial, das Schulengagement zu steigern.

Dr. Jörg Kußmaul

Powell DN, Freedman G, Le B et al. Exploring individuals’ descriptive and injunctive norms of ghosting. Cyberpsychology: Journal of Psychosocial Research on Cyberspace 2022; 16 (3), Article 11. doi:10.5817/CP2022-3-11

Hintergrund: Wenn in einer Paarbeziehung ein Partner einseitig die Kommunikation mit dem anderen Partner beendet, mit dem Ziel, die Beziehung aufzulösen, handelt es sich um „Ghosting“. Dazu gehört auch, jegliche Versuche des verlassenen Partners, die Kommunikation wiederherzustellen, zu ignorieren. In den Medien wurde berichtet, dass dieses Phänomen häufiger bei unverheirateten Personen vorkommt. Forschungsarbeiten deuten jedoch darauf hin, dass „Ghosting“ in weiteren Personengruppen auftritt.

Die Person, die eine persönliche Beziehung mit einem Partner beenden möchte, sieht „Ghosting“ tendenziell als einfacheren Weg. Bisherige Forschung zeigt aber im Umkehrschluss, dass „Ghosting“ für den ehemaligen Partner mehr Stress, Unsicherheit und negative Emotionen bedeutet, als wenn die Beziehung persönlich beendet wird. Diese Art, eine Beziehung zu beenden, führt auch zu normenbasierten Diskussionen unter Bekannten und Freunden des Paares. Die Studie untersuchte das Auftreten von „Ghosting“ und fokussierte sich dabei auf eine gesellschaftliche Normendiskussion.

Methode: An dieser onlinebasierten Studie nahmen 863 Erwachsene mit Wohnsitz in den Vereinigten Staaten teil. Die Teilnehmer wurden befragt, ob sie bereits von „Ghosting“ gehört haben und ob sie Erfahrungen damit haben beziehungsweise „Ghosting“ aktiv praktiziert haben.

Ergebnis: Eine Mehrheit der Stichprobe (86 %) gab an, schon einmal von „Ghosting“ gehört zu haben und etwas weniger als die Hälfte hatte bereits persönlich „Ghosting“ in einer Beziehung erlebt. Trotz der negativen Emotionen, die mit „Ghosting“ verbunden sind, gaben Personen, die dieses Verhalten für gesellschaftlich akzeptabel halten, eher an, dass sie „geghostet“ haben und auch „geghostet“ wurden.

Fazit: „Ghosting“ ist ein durchaus verbreitetes Phänomen, um eine Paarbeziehung zu beenden und wird vor allem von Personen praktiziert, die glauben, dass diese Verhaltensweise generell gesellschaftlich akzeptiert ist.

Dr. Jörg Kußmaul



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Article published online:
22 September 2022

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