NOTARZT 2022; 38(06): 315-317
DOI: 10.1055/a-1947-6866
Aktuelles

Crew Ressource Management in der Telenotfallmedizin

Friederike Schlingloff
1   Fachdienst Ärztlicher Dienst, KreisWirtschaftsBetriebe Goslar, Goslar, Deutschland
,
Sascha Langewand
,
Melanie Beltau
,
Tim Pape
,
Goran Filipovic
,
Thomas Marian
,
Tobias Steffen
› Author Affiliations

Pilotprojekt „Telenotfallmedizin Niedersachsen“

Telemedizinische Konzepte halten seit Jahren vermehrt Einzug ins Gesundheitswesen. Auch in der Notfallmedizin gibt es weltweit zunehmend Erfahrung mit der Umsetzung. In Deutschland wird Telenotfallmedizin seit 2007 erforscht, in mehreren Pilotprojekten und teils bereits in der Regelversorgung eingesetzt [1] [2] [3]. In Studien hat sich gezeigt, dass die virtuelle Anwesenheit eines Telenotarztes Fehler reduzieren und für mehr Leitlinien-Adhärenz in der Notfallversorgung sorgen kann, sogar in Rettungsteams, in denen Notärzte vor Ort waren [4] [5]. Dies wird vor allem darauf zurückgeführt, dass der Telenotarzt räumlich getrennt vom Geschehen ist und dadurch weniger durch die Situation vor Ort beeinflusst wird, aber auch darauf, dass er am Arbeitsplatz jederzeit Zugang zu Checklisten und Guidelines hat. Aus diesem Grund kann er auch eine wertvolle Ressource für notärztliche Kollegen in herausfordernden Situationen sein [6].

Im Pilotprojekt „Telenotfallmedizin Niedersachsen“ im Landkreis Goslar ist seit Januar 2021 ein Telenotarzt (TNA) durchgehend im Einsatz. Im ersten Jahr des Projekts (01/2021–12/2021) fanden 1968 telenotfallmedizinische Einsätze statt. 97% der Einsätze wurden vom TNA eigenständig abgearbeitet. In 3% der Einsätze musste entweder aus medizinischer Indikation (1,9%) oder wegen technischer Störungen (1,1%) ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) nachgefordert werden.

Im Pilotprojekt in Goslar ist der Notfallsanitäter vor Ort mit einem Mobiltelefon in einem Tragesystem sowie einem EKG mit Liveübertragung der Vitalparameter ausgestattet. Wenn möglich findet während der gesamten Konsultation eine bidirektionale Audio-Video-Kommunikation über eine datensichere App mit dem TNA statt ([Abb. 1]). Auch der Patient kann so in eine „Face-to-Face“-Kommunikation mit dem TNA treten.

Zoom Image
Abb. 1 Arbeitsplatz des Telenotarztes mit Liveübertragung der Vitalparameter, Audio-Video-Streaming zum Einsatzführer vor Ort und digitaler Einsatzdokumentation.

Der TNA wird vom Notfallsanitäter vor Ort alarmiert, wenn vorliegende Behandlungsalgorithmen ausgeschöpft sind, zur Unterstützung und Beratung bei unklaren Situationen (z. B. EKG-Beurteilung), zur Patientenaufklärung oder zur Delegation der Betäubungsmittelgabe zur Analgesie. Er kann ebenso zur Begleitung von Sekundärtransporten oder zur Supervision eingesetzt werden. Dabei bleibt der Notfallsanitäter vor Ort der Einsatzführende.



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Article published online:
30 November 2022

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