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DOI: 10.1055/a-1957-4823
Selbsteinschätzung der Fähigkeiten zur Durchführung von Videobehandlungen australischer Physiotherapiestudierender am Ende ihrer Ausbildung oder kurz nach Ausbildungsende
Self-reported confidence of final year Australian physiotherapy entry-to-practice students and recent graduates in their capability to deliver care via videoconferencingZusammenfassung
Hintergrund
Im Jahr 2020 stellte die COVID-19-Pandemie die Art und Weise, wie physiotherapeutische Leistungen erbracht werden, weltweit in Frage, und die traditionelle persönliche Betreuung wurde durch Telemedizin ergänzt oder ersetzt [1]. Physiotherapeut*innen wechselten während der Pandemie rasch zu Modellen der telemedizinischen Versorgung, oft mit minimaler Vorbereitung und Schulung. Viele von ihnen beabsichtigen über die Pandemie hinaus telemedizinische Dienste anzubieten [2] [3]. Die Ausbildung der dafür nötigen Fertigkeiten kann jedoch unzureichend sein.
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Ziel
Ziel der Studie von Davies et al. war daher, das Vertrauen von australischen Physiotherapiestudierenden und Absolvent*innen in ihre Fähigkeit zu ermitteln, physiotherapeutische Behandlungen über Videokonferenzen durchzuführen. Als Grundlage diente ein international anerkannter Rahmen für Kernfähigkeiten bei der Durchführung von Videokonferenzen [4].
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Methode
Zwischen November 2021 und März 2022 wurde in Australien eine nationale Querschnittserhebung via Onlinebefragung durchgeführt. Rekrutiert wurden australische Physiotherapiestudierende, die sich in ihrem letzten Jahr ihres Studiengangs Bachelor of Physiotherapy, Master of Physiotherapy oder Doctor of Physiotherapy für den Einstieg in die Praxis befanden, sowie kürzlich graduierte Physiotherapeut*innen mit einem Abschluss für den Einstieg in die Praxis. Es wurden mehrere Rekrutierungsstrategien angewandt.
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Ergebnisse
Insgesamt nahmen 343 Teilnehmende von 20 der 25 australischen Universitäten an der Umfrage teil. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden hatte im Rahmen ihres Studiums eine Schulung in Telemedizin erhalten, in den meisten Fällen in Form einer Vorlesung. 53 % der Befragten hatten eine telemedizinische Ausbildung mit durchschnittlich 33 Stunden Inhalt und 47 % während ihres Studiums praktische Erfahrungen in Teletherapie mit durchschnittlich 43 Stunden erhalten.
Im Bereich „Durchführung von Telemedizin“ waren die meisten Teilnehmenden (> 75 %) in der Lage, die eigene physische Umgebung und Kameraposition so einzurichten, dass die Konsultation optimal stattfinden kann. Ebenso viele waren in der Lage, die Patient*innen anzuweisen, ihre Kamera und Umgebung optimal einzurichten. Die meisten Befragten waren auch in der Lage, ihren Kommunikationsstil an eine Videokonferenzkonsultation anzupassen.
In den Bereichen „Patientensicherheit“ und „Einhaltung der Vorschriften“ war mehr als die Hälfte der Befragten (51–74 %) in der Lage, eine informierte Zustimmung einzuholen, die klinische Dokumentation zu verwalten, Sicherheitsrisiken zu erkennen, die digitale Kompetenz von Patient*innen und ihre Eignung für Videokonferenzen zu beurteilen sowie diese über potenzielle Risiken, Vorteile und Einschränkungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Videokonferenzen zu informieren.
Im Gegensatz dazu waren in den Bereichen „Einhaltung der Vorschriften“ und „technologische Fähigkeiten“ weniger als die Hälfte der Teilnehmenden (25–50 %) zuversichtlich, die gesetzlichen Anforderungen (z. B. Datensicherheit und Haftpflichtversicherung) zu erfüllen, geeignete Telemedizinplattformen für den beabsichtigten Zweck der Konsultation auswählen zu können, die relevanten Funktionen der Telemedizinplattform kompetent nutzen sowie potenzielle technische Probleme erkennen und entschärfen zu können. Dieses Ergebnis zeigte sich auch für die Bereiche: Belege für per Videokonferenz durchgeführte physiotherapeutische Behandlungen erkennen und interpretieren zu können sowie die Behandlungs- und Beurteilungsprozesse für Videokonferenzen anzupassen. Die meisten Teilnehmenden (89 %) gaben an, dass sie an einem Kurs teilnehmen möchten, um sich für die Durchführung von physiotherapeutischen Behandlungen über Videokonferenzen weiterzubilden.
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Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse dieser Studie machen deutlich, in welchen Bereichen Studierende und neu ausgebildete Physiotherapierende die meiste Unterstützung und Schulung benötigen, wenn sie planen, Therapien per Videokonferenz zu erbringen. Dieses Ergebnis kann bei der Entwicklung von Lehrplänen für die Telemedizin in den Studiengängen für den Einstieg in die Praxis der Physiotherapie hilfreich sein.
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Publication History
Article published online:
14 February 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Lewis J, Mc Auliffe S, O’Sullivan K. et al. Musculoskeletal Physical Therapy After COVID-19: Time for a New „Normal“. J Orthopaed Sports Phys Ther 2021; 51: 5-7
- 2 Bennell KL, Lawford BJ, Metcalf B. et al. Physiotherapists and patients report positive experiences overall with telehealth during the COVID-19 pandemic: A mixed-methods study. J Physiother 2021; 67: 201-209
- 3 Grundstein MJ, Fisher C, Titmuss M. et al. The Role of Virtual Physical Therapy in a Post-Pandemic World: Pearls, Pitfalls, Challenges, and Adaptations. Phys Ther 2021; 101: 1-7
- 4 Davies L, Hinman RS, Russell T. et al An international core capability framework for physiotherapists to deliver quality care via videoconferencing: a Delphi study. J Physiother 2021; 67: 291-297
- 5 Taylor A, Caffery LJ, Gesesew HA. et al How Australian Health Care Services Adapted to Telehealth During the COVID-19 Pandemic: A Survey of Telehealth Professionals. Frontiers Pub Health 2021; 09: 648009 . Im Internet (Stand: 01.09.2022): www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpubh.2021.648009
- 6 Borgetto B. Reform der Berufsgesetze für die Physiotherapie. Published online 05.11.2020. Im Internet (Stand 01.09.2022): https://physiotherapeuten.de/news/2020/11/reform-der-berufsgesetze-fuer-die-physiotherapie-auf-der-langen-bank/
- 7 Meidert U, Scheermesser M, Prieur Y. et al Quantified Self – Schnittstelle zwischen Lifestyle und Medizin. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich 2018
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