Zahnmedizin up2date 2023; 17(01): 21-32
DOI: 10.1055/a-2002-0295
Endodontologie

Wurzelkanalbehandlung und Allgemeinmedizin

Edgar Schäfer
1   Zentrale Interdisziplinäre Ambulanz in der ZMK-Klinik, Universitätsklinikum Münster, Münster
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Der Anteil älterer und alter Menschen an der Bevölkerung nimmt seit Jahrzehnten deutlich zu, sodass im Jahr 2030 etwa jeder dritte Mensch in Deutschland 60 Jahre oder älter sein wird. Gleichzeitig behalten unsere Patienten immer länger, oft bis ins hohe Lebensalter, ihre eigenen Zähne. Vor diesem Hintergrund wird die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Patienten mit einer relevanten Allgemeinerkrankung oder mit einer umfassenden medikamentösen Therapie eine Wurzelkanalbehandlung indiziert ist, in den kommenden Jahren kontinuierlich zunehmen [1]. Dieser Beitrag zeigt, wann die endodontische Therapie an die gesundheitlichen Einschränkungen eines Patienten angepasst werden muss und welche Risiken mit einer endodontischen Therapie einhergehen können.

Kernaussagen
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Patienten mit einer relevanten Allgemeinerkrankung oder mit einer umfassenden medikamentösen Therapie eine Wurzelkanalbehandlung indiziert ist, wird in den kommenden Jahren aufgrund der zunehmenden Zahl bezahnter, alter und betagter Patienten zunehmen.

  • Eine durch zahnärztliche Maßnahmen induzierte Bakteriämie kann eine infektiöse Endokarditis verursachen.

  • Einige Erkrankungen/Vorschädigungen des Herzens erfordern eine antibiotische Abschirmung des Patienten, sofern mit einem erhöhten Risiko einer transitorischen Bakteriämie zu rechnen ist.

  • Die bei einigen Behandlungsstühlen im Nackenkissen der Kopfstützen befindlichen Magnete können mit Herzschrittmachern/Defibrillatoren interferieren.

  • Dialysepflichtige Patienten (Niereninsuffizienz Stadium 5) müssen vor Behandlungen, die eine transitorische Bakteriämie verursachen können, antibiotisch abgeschirmt werden.

  • Diabetes mellitus, terminale Niereninsuffizienz Grad 5 und Osteoporose gehen mit einem gehäuften Vorliegen einer apikalen Parodontitis einher.

  • Organtransplantierte Patienten müssen vor zahnärztlichen Eingriffen, die mit einer Bakteriämie verbunden sein können, zeitlebens antibiotisch abgeschirmt werden.

  • Bei Patienten unter Bisphosphonat-Medikation muss vor der Behandlung das individuelle Risikoprofil hinsichtlich einer Bisphosphonat-assoziierten Kiefernekrose ermittelt werden. Patienten mit einem hohem Risikoprofil (i. v. Gabe oder länger als 3 Jahre Bisphosphonat-Medikation) sollten, sofern es sich um die Behandlung eines infizierten Wurzelkanals handelt, vor einer Wurzelkanalbehandlung nach dem Endokarditisprophylaxe-Schema antibiotisch abgeschirmt werden.

  • Grundsätzlich sollte in Zweifelsfällen vor der endodontischen Behandlung Rücksprache mit dem Hausarzt oder behandelnden Spezialisten gehalten werden.



Publication History

Article published online:
06 March 2023

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