Sucht man nach den Ursprüngen des Ausdrucks lege artis, so
stößt man auf die „peinliche“ (von lat.
poena=Strafe) Gerichtsordnung Kaiser Karls des V. von 1532, auch Constitutio
Criminalis Carolina genannt, die als erstes allgemeines deutsches Strafgesetzbuch
gilt. Hier wird demjenigen Arzt eine Strafe angedroht, der aus
„unfleiß oder unkunst und doch unfürsetzlich jemandt mit
seyner arzney tödtet“. Damit war der Begriff des Kunstfehlers
bereits vorgezeichnet, der rund 350 Jahre später von Rudolf Virchow
geprägt wurde und sich anfangs hauptsächlich auf einen
„Mangel an gehöriger Aufmerksamkeit oder Vorsicht“
bezog.1 Heutzutage wird meist von einem Behandlungsfehler
gesprochen und als solcher vor allem bezeichnet, was gegen die allgemein anerkannten
Regeln der medizinischen Wissenschaft verstößt – womit der
ärztlichen „Kunst“ (ars), wenn man sie denn als
solche verstanden haben will, definitiv ihr gesetzlich-regulativer Rahmen
(lex) vorgegeben ist.