Z Geburtshilfe Neonatol 2023; 227(04): 249
DOI: 10.1055/a-2101-5626
Editorial

Der Kreißsaal: ein Ort, an dem „lex“ und „ars“ aufeinandertreffen

Dominique Singer
1   Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Zentrum für Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Eppendorf (UKE)
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Sucht man nach den Ursprüngen des Ausdrucks lege artis, so stößt man auf die „peinliche“ (von lat. poena=Strafe) Gerichtsordnung Kaiser Karls des V. von 1532, auch Constitutio Criminalis Carolina genannt, die als erstes allgemeines deutsches Strafgesetzbuch gilt. Hier wird demjenigen Arzt eine Strafe angedroht, der aus „unfleiß oder unkunst und doch unfürsetzlich jemandt mit seyner arzney tödtet“. Damit war der Begriff des Kunstfehlers bereits vorgezeichnet, der rund 350 Jahre später von Rudolf Virchow geprägt wurde und sich anfangs hauptsächlich auf einen „Mangel an gehöriger Aufmerksamkeit oder Vorsicht“ bezog.1 Heutzutage wird meist von einem Behandlungsfehler gesprochen und als solcher vor allem bezeichnet, was gegen die allgemein anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft verstößt – womit der ärztlichen „Kunst“ (ars), wenn man sie denn als solche verstanden haben will, definitiv ihr gesetzlich-regulativer Rahmen (lex) vorgegeben ist.



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Article published online:
16 August 2023

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