Nervenheilkunde 2023; 42(10): 734-735
DOI: 10.1055/a-2106-0270
Gesellschaftsnachrichten

Kopfschmerz News der DMKG

Patienten mit Kopfschmerzen vom Spannungstyp mit und ohne Migräne weisen T2-Veränderungen im M. trapezius auf

**** Sollmann N, et al. Headache frequency and neck pain are associated with trapezius muscle T2 in tension-type headache among young adults. J Headache Pain 2023; 24(1): 84. doi: 10.1186/s10194-023-01626-w

Hintergrund

Der Mechanismus und die Bedeutung von den so häufig im Zusammenhang mit primären Kopfschmerzen auftretenden Nackenschmerzen, beschäftigt Wissenschaftler weltweit. Während die einen den Standpunkt vertreten, dass es sich bei den Nackenschmerzen um ein Symptom von primären Kopfschmerzen handeln muss [1] und der Mechanismus auf einer Art Referred Pain beruht, vermuten andere eher einen nozizeptiven Input aus der Peripherie, der auf ein durch wiederholten Schmerz sensitisiertes (chronisches Schmerz-)System trifft und zur Beeinträchtigung durch und Frequenz von Kopfschmerzen beiträgt [2], [3].


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Zusammenfassung

Sollmann et al. untersuchten für ihre Studie den M. trapezius von 16 Personen mit Kopfschmerzen vom Spannungstyp (tension type headache, TTH), 12 Personen mit TTH + Migräne und 22 Kontrollpersonen anhand einer manuellen Triggerpunkt-Palpation und einer 3-dimensionalen Turbo-Spin-Echo-Sequenz im MRT (T2-mapping). Ziel war es, Veränderungen im M. trapezius bei den Kopfschmerzgruppen zu detektieren und mit den Palpationsergebnissen, der Kopfschmerzfrequenz und dem Vorhandensein von Nackenschmerzen in Verbindung zu bringen. Tatsächlich zeigten beide Kopfschmerzgruppen höhere T2-Werte im M. trapezius als die Kontrollpersonen. Die höchsten Werte erzielte die Gruppe mit TTH + Migräne und T2-Werte waren gemäß einer Regressionsanalyse assoziiert mit der Anzahl von Kopfschmerztagen.


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Kommentar

Dass sich die Kopfschmerzgruppen signifikant von der Kontrollgruppe unterscheiden, ist teilweise überraschend, weil die Ein- und Ausschlusskriterien für die Kontrollgruppe nicht eindeutig definiert wurden. Aus den Ergebnissen lässt sich ablesen, dass die Kontrollpersonen 0–5 Kopfschmerztage pro Monat hatten, in der TTH-Gruppe gab es mindestens eine Person mit nur 3 Kopfschmertagen (also 2 Tage weniger als die Person mit den meisten Kopfschmerztagen in der Kontrollgruppe). Die Muskelveränderungen gemäß T2-mapping zeigten signifikante Veränderungen in beiden Kopfschmerzgruppen, was die Autoren als Zeichen einer peripheren Sensitisierung interpretierten. Die Ergebnisse indizieren, dass der berichtete Nackenschmerz nicht allein eine Schmerzausstrahlung des Kopfschmerzes sein kann, sondern mit lokalen strukturellen Veränderungen einhergeht. Ob diese jedoch die Konsequenz wiederkehrender Kopfschmerzen oder deren Ursache sind, bleibt weiterhin ungeklärt. Auch unklar bleibt, ob die Assoziation mit der Kopfschmerzfrequenz so zu deuten ist, dass häufige Kopfschmerzen zu mehr Muskelaktivität führen oder veränderte Muskelaktivität im Nacken die Kopfschmerzfrequenz erhöht.

Aus physiotherapeutischer Sicht etwas enttäuschend ist der fehlende Zusammenhang zwischen den Palpations- und den MRT-Ergebnissen. Eine Vorstudie, in der Palpation mit Ultraschall verglichen wurde, zeigte eine durchaus hohe Übereinstimmung für den M. trapezius [4]. In der vorliegenden Studie lagen der Palpationstermin und der MRT-Termin 2 Wochen auseinander. Nackenschmerzen und Muskelanspannung fluktuieren jedoch in Abhängigkeit mit den Kopfschmerzphasen [5]. Zumindest bei den 12 Patienten mit TTH + Migräne könnte dies das Ergebnis und die Übereinstimmung zwischen beiden Messungen beeinträchtigt haben.

Leider wurde in den Ergebnissen nicht berichtet, ob es aktive Triggerpunkte gab, also kopfschmerzähnlichen ausstrahlenden Schmerz bei der Triggerpunkt-Palpation. Latente Triggerpunkte sind im M. trapezius extrem häufig [6]. Dies erklärt möglicherweise, warum alle Gruppen ca. 4 Triggerpunkte ohne signifikanten Gruppenunterschied aufwiesen. T2-mapping ist als Biomarker aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit und der Untersuchungskosten wenig geeignet. Wären Palpation und MRT zu übereinstimmenden Ergebnissen gekommen, hätte man die Triggerpunkt-Palpation für die klinische Untersuchung empfehlen können, um eine potenzielle periphere Sensitisierung festzustellen und bei entsprechender Indikation einen Behandlungsversuch der Nackenmuskulatur in das Patientenmanagement zu integrieren. Aufgrund der methodischen Mängel der Studie ist diese Aussage aber nicht zulässig.

Kerstin Lüdtke, Hamburg


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Publication History

Article published online:
09 October 2023

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