Rofo 2023; 195(12): 1069-1070
DOI: 10.1055/a-2144-3222
Brennpunkt

Kommentar zu „MAMMA–Kontralaterales Mammakarzinom im MRT bei Frauen mit DCIS“

1   Radiology, Radiologie München, Muenchen, Germany
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Die Mamma-MRT ist die sensitivste Methode zur Detektion von Mammakarzinomen. Indikationen für eine präoperative Mamma-MRT werden kontrovers diskutiert, insbesondere da die Datenlage aufgrund der vorliegenden Studien widersprüchlich ist, welche Frauen von einer Mamma-MRT profitieren. Argumente, die für eine präoperative Mamma-MRT sprechen, sind Bestimmung der präoperativen Ausdehnung des Karzinoms insbesondere bei dichtem Brustdrüsengewebe oder bei bestimmten Tumorentitäten und -wachstumsformen (z.B. invasiv lobuläres Mammakarzinom), bei denen eine Bestimmung der Tumorgröße auch bei weniger dichtem Drüsengewebe erschwert sein kann. Frauen mit einem primären invasiven Mammakarzinom haben in MRT-Studien ein synchrones DCIS oder invasives Mammakarzinom in 2 bis 5 % [1].

Die frühe Diagnose von DCIS beeinflusst die geringere Rate von invasiven Karzinomen bereits in den folgenden 3 Jahren nach Diagnose [2] und die frühe Diagnose von invasiven Karzinomen die Gesamtprognose der Patientin. Frauen mit DCIS haben primär eine sehr gute Prognose mit einer brustkrebsspezifischen 10-Jahres-Überlebensrate von mehr als 97%. Eine geringe Anzahl an Frauen wird jedoch an einem invasiven Karzinom versterben, das möglicherweise schon bei der Diagnosestellung des DCIS in der ipsilateralen oder kontralateralen Mamma vorhanden war, aber nicht erkannt wurde. Risikofaktoren, an einem Mammakarzinom nach DCIS zu versterben, sind laut einer Untersuchung von Narod et al. an mehr als 100000 Frauen die Erkrankung an einem DCIS in jungen Jahren (<35), schwarze Ethnizität und ein ipsilaterales Mammakarzinom nach DCIS [3].

Die vorliegende Studie von Keymeylen et al. [4] beschäftigt sich mit der klinischen Wertigkeit der prä-operativen Mamma-MRT bei primärem DCIS für die kontralaterale Mamma. Wie zu erwarten war, wurden in der Studie durch die Mamma-MRT zusätzliche synchrone kontralaterale Brustläsionen detektiert, und zwar bei 0,8% DCIS und 1,3% invasive Karzinome. Die zusätzliche Detektion von DCIS war bei Frauen jünger als 50 Jahre höher und die Detektion von invasiven Karzinomen über alle Altersgruppen etwa gleich. Im Vergleich dazu ist in anderen Studien mit primärem DCIS die Anzahl der detektierten kontralateralen malignen Läsionen weit höher mit 5 bis 8% [5]. Ein möglicher Erklärungsversuch liegt in der differenten Altersstruktur. Das Patientenalter in Wangs Studie lag bei 67 bis 94 Jahre, in der von Keymeylen et al. waren 33% der Frauen jünger als 50 Jahre. In den höheren Altersgruppen ist eine höhere Mammakarzinomrate zu erwarten, wenn es sich bei den jüngeren Frauen nicht gerade um ein Hochrisikokollektiv handelt.

In einem weiteren Schritt untersuchten Keymeylen et al. die metachronen DCIS und invasiven Karzinome in einem Nachbeobachtungszeitraum von 5 Jahren. Hierbei unterschieden sich die invasiven Karzinome bei allen Frauen und die DCIS bei den Frauen älter als 50 Jahre nicht von der Vergleichsgruppe ohne MRT. Bei den Frauen jünger als 50 Jahre und mit MRT wurden mehr DCIS diagnostiziert als bei den Frauen ohne MRT. Dieses Ergebnis kann anhand der vorliegenden Daten nicht schlüssig erklärt werden.

Möglicherweise spielt die Stratifizierung der Patientengruppen über das Alter eine Rolle. Ob bei der Entscheidung für die Mamma-MRT Risikofaktoren wie eine positive Familienanamnese oder die Brustdichte eine Rolle spielten, wurde nicht berücksichtigt. Unklar bleibt auch welche Nachsorgeuntersuchungen durchgeführt wurden und ob zum Beispiel die MRT-Gruppe auch in der Nachsorge MRTs erhielt.

Fazit

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, wie andere Studien auch, dass DCIS und invasive Karzinome synchron zum DCIS vorkommen. Der Einfluss der prä-operativen Mamma-MRT auf metachrone DCIS/Karzinome kann nicht schlüssig beantwortet werden.

Die Studie stellt ein zusätzliches Argument für eine präoperative Mamma-MRT zum Ausschluss eines kontralateralen synchronen, mammographisch und sonographisch okkulten DCIS/Mammakarzinom dar.



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Article published online:
17 November 2023

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