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DOI: 10.1055/a-2271-8210
Kommentar zu „NASH mit Leberzirrhose: Resmetirom sicher und wirksam?“

Die vorliegenden Daten der randomisiert kontrollierten Phase-3-Studie von Resmetirom bei Patienten mit metabolisch assoziierter Steatohepatitis oder MASH (metabolic dysfunction-associated steatohepatitis, zum Zeitpunkt der Studienplanung noch als nichtalkoholische Steatohepatitis, NASH bezeichnet [1]) haben in den Vereinigten Staaten bereits zur Zulassung dieser Substanz geführt. Somit steht erstmalig eine medikamentöse, spezifische Therapie für die MASH mit fortgeschrittener Leberfibrose zur Verfügung. Mit den Daten aus dieser Studie und der nachfolgenden Zulassung in den Vereinigten Staaten kommt nun Bewegung in das Feld der medikamentösen Therapieoptionen für die MASH. In den letzten Jahren lag der Fokus bei therapeutischen Interventionen für die MASH in der Gewichtsreduktion. Hatte sich doch in Lifestyle-Interventionsstudien [2], Studien zur metabolischen Chirurgie [3] oder auch in ersten Daten zur medikamentösen Gewichtsreduktion durch Inkretinmimetika [4] gezeigt, dass ein Gewichtsverlust häufig mit einer Ausheilung einer MASH assoziiert ist. Die aktuell vorliegenden Daten zeigen jedoch, dass die Therapie mit einem Agonisten des Schilddrüsenrezeptors vom Beta-Typ auch ohne Reduktion des Körpergewichts zu einer Ausheilung der MASH führen kann. Tatsächlich reduzierte sich das Körpergewicht in allen Gruppen der Studie um weniger als 1% im Vergleich zu den Baseline-Daten. Die Tatsache, dass trotzdem bei 25–30% der Teilnehmer in der Verum-Gruppe der primäre Endpunkt erreicht wurde, nämlich die Ausheilung der Erkrankung (im englischen als resolution bezeichnet), ist durchaus beachtlich.
Es ist anzunehmen, dass die Therapiedauer in der Realität über die 52 Wochen in der Studie hinausgehen wird, da ein anhaltender Off-therapy-Effekt aufgrund der Pathophysiologie der Erkrankung und des Wirkmechanismus nicht zu erwarten ist. Es wird sich daher zeigen müssen, welche Therapiedauern in der Realität für einen anhaltenden Therapieeffekt notwendig sein werden und vor allem auch, ob durch die Therapie klinische Endpunkte, wie Entwicklung einer Leberzirrhose sowie dadurch bedingte Hospitalisierungen bzw. Dekompensationsereignisse, verhindert werden können. Dies ist sowohl im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten als auch im Hinblick auf potenzielle Nebenwirkungen von großer Bedeutung. Resmetirom ist weitgehend selektiv für den Thyroidhormon-Rezeptor-Beta, der vor allem in der Leber, aber auch in den Nieren und der Hypophyse exprimiert wird. Im Herzmuskel und im Knochengewebe wird vor allem Thyroidhormon-Rezeptor-Alpha exprimiert. Direkte Nebenwirkungen auf die kardiale Erregungsleitung oder den Knochenstoffwechsel sind daher nicht zu erwarten und in der Studie auch nicht beobachtet worden. Durch die Beeinflussung diverser zentral regulierter Hormonachsen wurden in der Studie jedoch einige hormonelle Veränderungen detektiert, wie z.B. eine Erhöhung des sexualhormonbindenden Globulins und reduzierte Spiegel von Gesamt-Estradiol und -Testosteron. Es ist daher nicht auszuschließen, dass eine länger dauernde Therapie auch Organe beeinflusst, die nicht direkt durch die Stimulation des Thyroidhormon-Rezeptors-Beta beeinflusst werden. Diese potenziellen Langzeitwirkungen werden in einem begleitenden, sehr informativen Editorial zu der Publikation diskutiert [5]. Die meist als mild beschriebenen Diarrhoen und Übelkeit, die in der Verum-Gruppe häufiger beobachtet wurden als in der Placebo-Gruppe, waren passager und scheinen die Therapieadhärenz nicht beeinflusst zu haben.
Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass durch diese Studie erstmalig eine medikamentöse Therapieoption für die metabolisch-assoziierte Steatohepatitis Marktreife erlangt hat, wenngleich zunächst nur in den Vereinigten Staaten. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob eine langfristige Therapie notwendig, wirksam und sicher ist, ob die Therapie auch harte klinische Endpunkte (vor allem leberbedingte Endpunkte) reduzieren kann und welche Patienten besonders von einer Therapie profitieren.
Publication History
Article published online:
09 October 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Rinella ME, Lazarus JV, Ratziu V. et al. A multisociety Delphi consensus statement on new fatty liver disease nomenclature. Journal of hepatology 2023; 79: 1542-1556
- 2 Vilar-Gomez E, Martinez-Perez Y, Calzadilla-Bertot L. et al. Weight Loss Through Lifestyle Modification Significantly Reduces Features of Nonalcoholic Steatohepatitis. Gastroenterology 2015; 149: 367-378.e365
- 3 Verrastro O, Panunzi S, Castagneto-Gissey L. et al. Bariatric-metabolic surgery versus lifestyle intervention plus best medical care in non-alcoholic steatohepatitis (BRAVES): a multicentre, open-label, randomised trial. Lancet 2023; 401: 1786-1797
- 4 Loomba R, Abdelmalek MF, Armstrong MJ. et al. Semaglutide 2·4 mg once weekly in patients with non-alcoholic steatohepatitis-related cirrhosis: a randomised, placebo-controlled phase 2 trial. The lancet Gastroenterology & hepatology 2023; 8: 511-522
- 5 Cusi K. Selective Agonists of Thyroid Hormone Receptor Beta for the Treatment of NASH. The New England journal of medicine 2024; 390: 559-561