NOTARZT
DOI: 10.1055/a-2282-6865
Übersicht

Wie die Blutprobe des Rettungsdienstes die Aufklärungsquote des plötzlichen, unerwarteten (Herz-)Todes bei jungen Menschen erhöhen kann – eine Übersicht

How a Blood Sample Taken by the Emergency Medical Service Can Increase the Detection Rate of Sudden Unexpected (Cardiac) Death in Young People – an Overview
Jens Tiesmeier
1   Institut für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Krankenhaus Lübbecke - Mühlenkreiskliniken (MKK), Campus OWL der Ruhr-Universität Bochum, Lübbecke, Deutschland
,
Jan Persson
2   Campus OWL der Ruhr-Universität Bochum, Johannes Wesling Klinikum Minden - Mühlenkreiskliniken (MK, Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Bochum, Deutschland (Ringgold ID: RIN9142)
,
Jochen Hinkelbein
2   Campus OWL der Ruhr-Universität Bochum, Johannes Wesling Klinikum Minden - Mühlenkreiskliniken (MK, Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Bochum, Deutschland (Ringgold ID: RIN9142)
,
Andrea Greulich
3   Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Katholisches Klinikum Bochum, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Bochum, Deutschland (Ringgold ID: RIN9142)
,
Anna Gärtner
4   Erich und Hanna Klessmann Institut für kardiovaskuläre Forschung, Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen, Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Bad Oeynhausen, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland (Ringgold ID: RIN9142)
,
Hendrik Milting
4   Erich und Hanna Klessmann Institut für kardiovaskuläre Forschung, Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen, Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Bad Oeynhausen, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland (Ringgold ID: RIN9142)
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Zusammenfassung

Die Hauptursachen für einen plötzlichen, nicht traumatischen und unerwarteten (Herz-)Tod (SCD) variieren mit dem Lebensalter. Dominiert, mit fließenden Übergängen, ab dem 35.–40. Lebensjahr die koronare Herzkrankheit, so sind dies bei jüngeren Menschen neben Myokarditiden und Intoxikationen auch arrhythmogene primäre Kardiomyopathien oder Ionenkanalerkrankungen. Ursächlich sind hier genetische Veränderungen, die durch eine molekulare Analyse in einer Vielzahl der Fälle nachgewiesen werden können. Bei außerklinischen Fällen eines SCD von jungen Menschen ist eine Blutprobe, entnommen durch den Rettungsdienst potenziell geeignet, Biomaterial für spätere Analysen sicherzustellen und die Aufklärungsquote genetischer Ursachen des außerklinischen SCD zu erhöhen. Dies erhält die Option für gezielte primär- oder sekundärprophylaktische Maßnahmen bei Überlebenden und/oder deren familiäres Umfeld.

Abstract

The main causes of sudden, non-traumatic, and unexpected (cardiac) death (SCD) vary with age. Coronary heart disease dominates, with smooth transitions from the age of 35-40 onwards, while younger individuals may experience myocarditis, intoxications, arrhythmogenic primary cardiomyopathies, or ion channel diseases. The underlying cause in these cases are genetic changes that can be detected through molecular analysis in many instances. In cases of out-of-hospital SCD in young individuals, a blood sample taken by emergency medical services could potentially provide biomaterial for later analysis, ensuring an increased rate of identification of genetic causes of out-of-hospital SCD. This approach preserves the option for targeted primary or secondary preventive measures for survivors and/or their families.

Kernaussagen
  • Die Gewinnung einer EDTA-Blutprobe durch den Notarzt- und Rettungsdienst bei OHCA ohne einen Transport in die Klinik erhält die Option für eine spätere molekulare Autopsie und erhöht dessen Aufklärungsquote.

  • Bei ungeklärten, besonders bei fatalen OHCA bis zum 40. Lebensjahr sollte an eine mögliche genetische Erkrankung als Auslöser gedacht werden.

  • Genetische Veranlagungen für einen OHCA sind insgesamt selten – das Wissen um sie hat dennoch einen nachhaltigen Impact für Betroffene und deren familiäres Umfeld (mögliche primär- und sekundärprophylaktische Ansätze, gezielte Beratung, psychologische Betreuung).

  • Regionale Absprachen zwischen dem Rettungsdienst und kardiologischen Zentren mit kardiogenetischer Expertise sollten als Routineprozedur etabliert werden und ggf. in SOPs festgehalten werden.

  • 2–3 ml vor Ort gewonnenes EDTA-Blut reichen qualitativ und quantitativ für ein NGS aus – die DNA der Probe bleibt für 2–3 Tage bei Raumtemperatur ausreichend stabil.



Publication History

Received: 19 December 2023

Accepted after revision: 06 March 2024

Article published online:
02 May 2024

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