DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2024; 22(04): 49-52
DOI: 10.1055/a-2293-8454
VOD | intern

VOD e.V. Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland

„Vorwärts zu den Wurzeln“ – erfolgreiches Jubiläumssymposium in Wiesbaden

150 Jahre Osteopathie weltweit und 30 Jahre Verband der Osteopathie Deutschland (VOD) e.V. – diesen besonderen Geburtstag feierten am 15./16. Juni rund 200 Jubiläumsgäste unter dem Motto „Vorwärts zu den Wurzeln“ in Wiesbaden ([Abb. 1]). In den Kurhaus-Kolonnaden ging es 2 Tage lang um einen spannenden Rückblick und die Frage, welche Wege die Osteopathie künftig vor sich hat. Das oberste Ziel des Verbands bleibt die Regelung der Osteopathie durch ein Berufsgesetz.

Zoom Image
Abb. 1 Rund 200 Gäste nahmen am Jubiläumssymposium des VOD in Wiesbaden teil. Quelle: Andreas Golling

„Hessen ist die Wiege der Osteopathie in Deutschland, auch deshalb habe ich gerne die Schirmherrschaft für ihre Jubiläumsveranstaltung übernommen. Der Verband der Osteopathen Deutschland e.V. hat einen bedeutsamen Anteil an der erfolgreichen Entwicklung Ihrer Profession. Damit tragen Sie auch dazu bei, dass wir sagen können, die Menschen in Hessen können sich auf eine gute medizinische Versorgung verlassen“, sagte der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein, MdL, in einem Videogrußwort und ergänzte: „Vor 30 Jahren hat sich Ihr Verband in Wiesbaden auf den Weg gemacht, um der Osteopathie auch in unserem Land die Bedeutung zu sichern, die sie verdient.“ Auch die Präsidentin des Hessischen Landtags, Astrid Wallmann, MdL, gratulierte in einer Videobotschaft im Namen der Abgeordneten des Hessischen Landtags sehr herzlich: „Wir sind in Hessen stolz darauf, dass der Verband seinen Sitz in unserer Landeshauptstadt hat.“

VOD-Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann DO und Vorstandsmitglied Ulrike von Tümpling DO begrüßten zahlreiche interdisziplinäre Referenten und Workshop-Leiter aus dem In- und Ausland. Sie ließen in ihrem Rückblick 30 Jahre Verbandsarbeit Revue passieren und erinnerten daran, dass zur Gründung des VOD 1994 die Osteopathie in Deutschland nur von Dozenten aus dem benachbarten Frankreich und Belgien an wenigen privaten Schulen unterrichtet wurde. Dank des Einsatzes und der Visionen von Verbandsgründerin Fuhrmann und mithilfe ihrer internationalen Kontakte in die USA – das Mutterland des Osteopathie-Begründers Dr. Andrew Taylor Still – konnte sich der VOD zum führenden und größten Berufsverband mit heute mehr als 6200 Mitgliedern und einem festen, stets wachsenden engagierten Mitarbeiterteam entwickeln. Im Streifzug durch die bewegte Vergangenheit ging es auch um die vielen Kongresse, die Akademisierung der Osteopathie, die auf Initiative des VOD mit der Entwicklung eines Curriculums des Bachelorstudiengangs an der Hochschule in Idstein begann.

Heute bieten verschiedene Hochschulen Bachelor- und Masterstudiengänge Osteopathie an. Auch die Förderung der Forschung bis hin zur Gründung der Deutschen Osteopathie-Stiftung 2022 und die berufspolitische Arbeit waren Themen des Rückblicks. Nicht stehen bleiben, sondern sich stattdessen stets weiterentwickeln, die Forschung forcieren, aber auch immer auf die Grundprinzipien von A. T. Still schauen – das sind laut Prof. Marina Fuhrmann entscheidende Faktoren, um sich im Sinne der Osteopathie und ihres Begründers zu bewegen. „Um die Qualität der Osteopathie zu bewahren, müssen wir aufpassen, dass sie nicht zerrieben und verwässert wird von Schmalspuranbietern und Geschäftemachern.“

Vorträge und Workshops

Ass. Prof. Christian Fossum DO sprach im Anschluss daran in seinem Vortrag „Der Weg zur Gesundheit – die osteopathische Sichtweise“ über Stills Philosophie und Prinzipien und führte aus, dass die bereits von Dr. Still ab 1874 als bedeutsam erkannten Arterien, Nerven, Faszien, das Zwerchfell sowie der freie Fluss von Lymph- und Zerebrospinalflüssigkeit auch heute noch eine große Relevanz in der klinischen Praxis haben und die Wechselwirkungen immer besser erforscht werden. Die Osteopathie könne mit ihrem ganzheitlichen Ansatz und verschiedenen Zugängen alle Bereiche abdecken und auf diese Weise dem Körper der Patienten individuell zur Selbstregulation verhelfen.

Mit einem klaren „Ja“ beantwortete Univ.-Prof. Dr. Dr. Christian Schubert seine selbstgewählte Vortragsfrage: „Psychoneuroimmunologie und Osteopathie: Braucht es hierzu einen Paradigmenwechsel in der Forschung?“ Der Innsbrucker, der sich als „Polarisierer“ bezeichnet, ist Arzt, klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe und ärztlicher Psychotherapeut. Er arbeitet als Universitätsprofessor an der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Medizinische Psychologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt in der Psychoneuroimmunologie ist die Entwicklung eines Forschungsansatzes zur Untersuchung von psychosomatischer Komplexität (integrative Einzelfallstudien). Schubert plädierte für die Abkehr vom Modell des Menschen als Maschine hin zum biopsychosozialen Modell und zur Mind-Body-Medizin.

Jean-Paul Höppner ([Abb. 2]) DO unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutsamkeit der Prinzipien von Still und der Anatomie als Fundament der Osteopathie, er sprach über Embryologie und mahnte: „Es ist an Ihnen, das Wesen der Osteopathie nicht untergehen zu lassen. Sie haben gar keine Ahnung, wie viel Verantwortung Sie haben“, appellierte er ans Publikum, sich auf die Wurzeln der Osteopathie zu besinnen.

Zoom Image
Abb. 2 Prof. Marina Fuhrmann DO und Jean-Paul Höppner – 2 Urgesteine der Osteopathie in Deutschland. Quelle: Michaela Wehr

Nach den Vorträgen am Vormittag vertieften die Osteopathen am Nachmittag ihr Wissen in Workshops und nutzen die Zeit dazwischen zum gegenseitigen Austausch.


#

Abendprogramm

Abends wurde das Jubiläum bei einem sehr gut besuchten Galadinner und zur Livemusik der „Word Up Band“ gefeiert. VOD-Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann freute sich, unter den Gästen auch Osteopathie-Botschafterin und Vorstandsmitglied der Deutschen Osteopathie-Stiftung, Heike Henkel, und ihren Ehemann begrüßen zu dürfen. Die ehemalige Olympiasiegerin im Hochsprung betonte, dass Osteopathie ihr selbst helfe und sie sich gemeinsam mit dem Verband für ein Berufsgesetz einsetze.

Darüber hinaus waren viele Beiratsmitglieder des Verbands aus den vergangenen Jahrzehnten, Vertreter der Gründungsschulen, Prof. Dr. Achim Jockwig (ehemaliger Vizepräsident der Hochschule Fresenius und Dekan des Fachbereichs Gesundheit und Soziales) sowie vom Bundesverband Osteopathie e.V. der Vorsitzende Georg Schöner und Geschäftsführerin Christine Berek mit ihrem Ehemann, dem Landrat Peter Berek, in den Kurhaus-Kolonnaden. Georg Schöner ([Abb. 3]) würdigte in einem Grußwort „den jahrzehntelangen Einsatz und die Lebensleistung“ der VOD-Vorsitzenden und bescheinigte der Osteopathie, in all den Jahren vom „Underdog zum heimlichen Star der Gesundheitswelt“ avanciert zu sein.

Zoom Image
Abb. 3 BVO-Vorsitzender Georg Schöner und VOD-Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann beim Galaabend des Symposiums. Quelle: Andreas Golling

Nach dem Essen, dem Gedenken an die verstorbenen Mitglieder und einem Foto-Rückblick auf die letzten 30 Jahre wurden die diesjährigen DOs geehrt. Prof. Michaela Rütz, Leiterin der AFO-Forschungskommission, und Prof. Marina Fuhrmann verliehen ihnen Urkunden für ihre erfolgreich verteidigten DO-Arbeiten und vergaben die VOD-Marke DO. Der ehemalige Vorsitzende der AFO, Jürgen Paschen, sprach den osteopathischen Eid. Geehrt wurden: Melanie Schellhase, Christina Schröter, Kirsten Rüdrich, Axel Vetter, Solveig Kriehmig, Manuela Brauch, Peter Braun, Benedict Büche, Maren Drake, Ulrike Hoestermann, Günter Krings, Anja Merchel, Annika Wilke-Schaarschmidt und Anne Katrin Schwaabe.


#

2. Veranstaltungstag

In den 2. Veranstaltungstag gestartet waren die 200 Jubiläumsgäste mit einem mitreißenden Vortrag von Jason Haxton. Der Leiter des Still-Museums Kirksville verriet darin Details über Stills Leben und Gesundheit und hatte aus dem Museum wieder interessante Exponate mit nach Wiesbaden gebracht. Dr. Albrecht Kaiser DO schlug einen philosophischen Bogen zur „Bestimmung des Menschen im 21. Jahrhundert“, Priv.-Doz. Dr. med. Gabriele Rotter M.Sc. Ost. referierte über aktuelle Forschung in der osteopathischen Medizin an der Charité Berlin und Eva Möckel DO über „Das autonome Nervensystem“ und osteopathische Möglichkeiten ([Abb. 4]).

Zoom Image
Abb. 4 Eva Möckel DO (l.) und Ulrike von Tümpling DO. Quelle: Michaela Wehr

Unterschiedliche Ansichten zur Herangehensweise an die Osteopathieforschung, Einblicke in philosophische Ansätze der osteopathischen Behandlung und Antworten aus Sicht des Osteopathiegründers Dr. Andrew Taylor Still gab es am Sonntagmittag beim Abschlussplenum des Jubiläumssymposiums ([Abb. 5]). Auf dem Podium saßen alle Referenten der 2-tägigen Veranstaltung und stellten sich Fragen aus dem Publikum und von Moderatorin und Osteopathin Katharina Engemann. „Neue Felder erkennen, auf Altes besinnen, Kräfte bündeln, den Pluralismus leben“, skizzierte VOD-Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann am Ende des Symposiums zusammenfassend künftige mögliche Wege der Osteopathie.

Zoom Image
Abb. 5 Auf dem Podium (v.l.): Prof. Marina Fuhrmann DO, Jason Haxton, Dr. Albrecht Kaiser DO, PD Dr. med. Gabriele Rotter M.Sc., Eva Möckel DO, Jean-Paul Höppner, Christian Fossum DO, Univ.-Prof. Dr. Dr. Christian Schubert und Katharina Engemann. Quelle: Michaela Wehr

Zum Abschluss des Symposiums bedankte sich Prof. Marina Fuhrmann bei allen Gästen und dem VOD-Team für den Einsatz. „Das war mein 1. Kongress, es hat Spaß und Lust gemacht auf ein weiteres Mal“, lobte Urs Germann. Insbesondere Univ.-Prof. Dr. Dr. Christian Schubert hat den Osteopathen aus Speyer beeindruckt. „Ich habe seine kritische Haltung in den letzten 4 Jahren verfolgt und mich gefreut, dass er Teil des Kongresses war“, so Urs Germann. „Es war für mich einer der schönsten Kongresse überhaupt, in einer sehr familiären Atmosphäre und mit gutem kollegialem Austausch“, freute sich VOD-Gründungsmitglied Judith Schmidt. „Die Vorträge waren sehr informativ und vermittelten einen neuen Fokus“, sagt die Osteopathin aus Ransbach-Baumbach und ergänzt, dass sie beim Galaabend am Samstag gute Gespräche führen und nette Menschen kennenlernen konnte. Für Manuela Brauch war es als Teilnehmerin der Migränestudie und frisch gebackene DO-Inhaberin „einerseits gut zu sehen, wie wichtig es ist zu forschen, und andererseits, wie problematisch, die Osteopathie in einen wissenschaftlichen Rahmen zu pressen“. Die DO-Verleihung mit dem osteopathischen Eid empfand die Osteopathin aus Hamburg als „sehr beeindruckend“.


#

Publication History

Article published online:
16 September 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany