Zusammenfassung
Ziel
Bei der forensischen Altersbestimmung, z.B. für Gerichts- oder Asylverfahren, können
überschrittene Altersgrenzen eine wesentliche Auswirkung auf das Strafmaß oder den
Ausgang eines Asylverfahrens haben. Zur Untersuchung altersbedingter Unterschiede
in der Skelettentwicklung stützen sich die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für
forensische Altersdiagnostik (AGFAD) auf bildgebende Verfahren unter Einsatz ionisierender
Strahlung (u.a. Orthopantomogramme, Röntgenaufnahmen der Hand). Demgegenüber haben
Vieth et al. und Ottow et al. MRT-Klassifikationen für die epi-/diaphysäre Fusion
des Kniegelenks vorgeschlagen, um verschiedene Altersgrenzen zu bestimmen. Ziel der
vorliegenden Studie war es zu überprüfen, ob diese beiden Klassifikationen auch bei
der MRT des Sprunggelenks angewendet werden können und somit eine wichtige ergänzende
oder alternative Methode zur Altersbestimmung sind.
Material und Methoden
Die MRT-Aufnahmen des Sprunggelenks von 333 Patienten (160 weiblich, 173 männlich)
im Alter von 10 bis 28 Jahren wurden retrospektiv analysiert. Für die beiden Klassifikationen
wurden T1-gewichtete Turbo-Spin-Echo-Sequenzen (TSE) und T2-gewichtete Sequenzen mit
Fettunterdrückung analysiert. Die unterschiedlichen Ossifikationsstadien der beiden
Klassifikationen wurden bestimmt und die entsprechenden chronologischen Alter zugeordnet.
Darüber hinaus wurden geschlechtsspezifische Unterschiede analysiert. Die Intra- und
Interobserver-Variabilität wurde mittels Cohen’s Kappa ermittelt.
Ergebnisse
Mit der Klassifikation von Ottow et al. konnte bei beiden Geschlechtern die Vollendung
des 14. Lebensjahrs bestimmt werden. Mit der Klassifikation von Vieth et al. konnte
bei beiden Geschlechtern die Vollendung des 14. Lebensjahrs und bei männlichen Patienten
das 18. Lebensjahr bestimmt werden. Die Intra- und Interobserver-Variabilität war
als sehr gut bzw. gut zu bewerten (κ >0,87 und κ >0,72).
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Altersbestimmung nach Vieth
et al. und Ottow et al. auch bei der MRT des Sprunggelenks verlässlich angewandt werden
kann. Somit bietet diese Methode das Potenzial eines alternativen oder zumindest ergänzenden
strahlungsfreien Beurteilungskriteriums in der forensischen Altersdiagnostik.
Kernaussagen
-
Die MRT des Sprunggelenks lässt sich für die forensische Altersbestimmung verwenden.
-
Klassifikationen, die am Kniegelenk entwickelt wurden, können auch am Sprunggelenk
angewendet werden.
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Die verwendeten Klassifikationen nach Vieth et al. und Ottow et al. können bei der
Bestimmung juristisch-relevanter Altersgrenzen alternativ oder zumindest additiv eingesetzt
werden.
Zitierweise
Schlüsselwörter
Forensische Altersbestimmung - MRT - Knochenalter - Ossifikationsstadien