KJP up2date 2025; 02(04): 321-336
DOI: 10.1055/a-2506-3203
Symptome und Syndrome

Online-Verhaltenssüchte

Authors

  • Katajun Lindenberg

Preview

Kann die Internetnutzung süchtig machen? Nach einer kontroversen Debatte führt die Weltgesundheitsorganisation die Kategorie der Verhaltenssüchte ein, denn die Evidenzlage ist eindeutig, insbesondere bei Online-Videospielen. Es gibt aber auch zunehmende Befunde für die Existenz weiterer Online-Verhaltenssüchte, wie beispielsweise die suchtartige Nutzung von Sozialen Medien, Online-Pornografie und Online-Shopping.

Kernaussagen
  • Ob eine Online-Verhaltenssucht vorliegt, lässt sich nicht anhand der Onlinezeiten bestimmen, sondern anhand der Funktionseinschränkungen. Die Dauer der Nutzung erhöht jedoch das Risiko für die Entwicklung einer Online-Verhaltenssucht.

  • Online-Verhaltenssüchte grenzen sich klinisch von intensiven Hobbys ab, indem die Kontrolle über das Ausmaß der Nutzung verloren gegangen ist, dem Verhalten (z.B. das Videospielen) deutliche Priorität vor anderen Aktivitäten und Alltagspflichten eingeräumt wird (z.B. Schule, Körperhygiene) und das Verhalten trotz gravierender negativer Konsequenzen fortgesetzt wird (z.B. Schulversagen, Beziehungsabbruch, soziale Isolation).

  • Subklinische und voll ausgeprägte Online-Verhaltenssüchte sowie schädliches Computerspielen sind im Kindes- und Jugendalter weit verbreitet, werden aber selten spontan berichtet. Deshalb ist eine sorgfältige Medienanamnese unerlässlich.

  • Störungsspezifische kognitive Verhaltenstherapie hat den stärksten Evidenzgrad in der Behandlung von Online-Verhaltenssüchten.

  • Zur Prävention von Online-Verhaltenssüchten sollten neben verhaltenspräventiven Ansätzen (z.B. auf Basis kognitiver Verhaltenstherapie) auch verhältnispräventive Maßnahmen umgesetzt werden, die den Zugang regulieren (Altersgrenzen für Smartphones, Regeln für Handynutzung in Schulen) und vor suchterzeugenden Anwendungen schützen (Altersgrenzen für lotteriebasierte und Algorithmen-gesteuerte Inhalte).



Publication History

Article published online:
30 September 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany