Arthritis und Rheuma 2025; 45(03): 206
DOI: 10.1055/a-2539-0101
Kinderrheumatologie kompakt

Konsentierte Empfehlungen zu Diagnose und Management von sJIA und AOSD als „Still‘s disease“

Fautrel B, Mitrovic S, De Matteis A et al. EULAR/PReS recommendations for the diagnosis and management of Still‘s disease, comprising systemic juvenile idiopathic arthritis and adult-onset Still‘s disease. Ann Rheum Dis 2024; 83(12): 1614–1627. DOI:10.1136/ard-2024-225851. PMID: 39317417; PMCID: PMC11672000

Die Diskussion um eine Revision der noch immer gültigen ILAR-Klassifikation, nach der man die pädiatrischen JIA-Kategorien einteilt, ist weiter aktuell [1]. So forderte die PRINTO bereits 2019, einen Prozess zur Revision der Klassifikation in Gang zu setzen und machte Klassifikations-Vorschläge, die unter anderem auf einen „growing impetus to harmonize“, also dem Wunsch, die pädiatrischen mit den internistischen Klassifikationskriterien zu harmonisieren, abzielten [2]. Abgesehen von der ANA-positiven Oligoarthritis des Kleinkindes wurden für viele Kategorien, vor allem auch für die systemische JIA (sJIA) klare Gemeinsamkeiten mit dem korrespondierenden Krankheitsbild bei Erwachsenen gesehen und in dem Vorschlag reflektiert.

Im letzten Jahr wurden nun in der Folge eines seit 2022 durchgeführten Konsensusprozesses zwischen EULAR und PReS Empfehlungen zu Diagnose und Management des nunmehr als Still‘s disease bezeichneten gemeinsamen Krankheitsbildes publiziert [3].

Eine Task Force aus pädiatrischen und internistischen Rheumatolog*innen entwickelte auf der Basis von 4 Hauptfragen Empfehlungen. Die 4 Fragen umfassten folgende Aspekte:

  1. Sind sJIA und AOSD (adult onset Still‘s disease) eine Erkrankung und braucht es daher einen gemeinsamen Namen?

  2. Wie kann dieses Krankheitsspektrum – vor allem in frühen Phasen – diagnostiziert werden?

  3. Was ist die optimale therapeutische Strategie und welche Substanzen spielen hier eine Rolle?

  4. Wie identifiziert und behandelt man sowohl Krankheits- als auch Therapiekomplikationen?

Wie bei Empfehlungen und Leitlinien üblich finden sich 4 übergeordnete Prinzipien (overarching principles), die mit einer 100 %-igen Zustimmung für die beiden Entitäten bspw. den gemeinsamen Namen „Still‘s disease“ verabschiedet wurden. Bei den „overarching principles“ finden sich bekannte programmatische Hinweise zur partizipativen Entscheidungsfindung und zum T2T (Treat-to-Target-)Prinzip sowie der Hinweis auf die Notwendigkeit, ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS), als typische und tückische Still-Komplikation, prompt zu diagnostizieren und zu behandeln.

Die 14 folgenden Empfehlungen beziehen sich auf die Bereiche Diagnose, „Targets und Timing“, Behandlung und Komplikationen. So finden sich hilfreiche diagnostische Kriterien (94 % Zustimmung in der Task Force), die – ähnlich wie andere AOSD-Kriterien-Sets – die Arthritis eher im Kontext der allgemeinen muskuloskelettalen Beteiligung werten und nicht isoliert für die Diagnose fordern. Allein 3 Statements beziehen sich auf die zwar fatale, gleichzeitig aber doch sehr seltene Lungenbeteiligung bei Still‘s disease.

Am Ende des Artikels findet sich eine hilfreiche, zweigeteilte Abbildung, die zum einen bei aktiver Still‘s disease in einem Flussdiagramm diagnostische und vor allem therapeutische Wege beschreibt. Im zweiten Teil wird ausgehend von der klinisch inaktiven Erkrankung zu Monat 6 das weitere Tapering oder der Umgang mit Schüben übersichtlich beschrieben.

Das Ergebnis dieses aufwändigen Prozesses ist eine lesenswerte Zusammenstellung vieler aus sJIA-Sicht möglicherweise bekannter und in Leitlinien bereits publizierter Ergebnisse. Gleichzeitig ist das „Zusammendenken“ der beiden Entitäten sJIA und AOSD und ein Überwinden z. T. künstlicher Unterschiede zwischen kindlichem und adultem Rheuma ein sehr konkreter und innovativer Schritt zur Harmonisierung.

Kommentar: Die Einigung auf den gemeinsamen Namen „Still‘s disease“ (auf Deutsch dann wieder Morbus Still oder Still-Erkrankung?) ist sicher ein harmonisierender Begriff, da er mit einem breiteren Blick bewusst die JIA im Namen verlässt. Gleichzeitig ist man gerade in der Rheumatologie schon vor fast 15 Jahren vorangeschritten, um – hier vor allem, um historisch belastete Namen aus dem klinischen Alltag zu entfernen – Eponyme eher durch Krankheitsbeschreibungen zu ersetzen. So erscheint diese Wahl – obwohl George Frederic Still zweifelsohne eine wichtige und integre Persönlichkeit für die pädiatrische Rheumatologie war – zwar nachvollziehbar, aber diskussionswürdig.

Prasad T. Oommen, Düsseldorf



Publication History

Article published online:
02 June 2025

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  • Literatur

  • 1 Petty RE, Southwood TR, Manners P. et al. International League of Associations for Rheumatology. International League of Associations for Rheumatology classification of juvenile idiopathic arthritis: second revision, Edmonton, 2001. J Rheumatol 2004; 31 (2) 390-392
  • 2 Martini A, Ravelli A, Avcin T. et al. Toward New Classification Criteria for Juvenile Idiopathic Arthritis: First Steps, Pediatric Rheumatology International Trials Organization International Consensus. J Rheumatol 2019; 46 (2) 190-197 Epub 2018 Oct 1
  • 3 Fautrel B, Mitrovic S, De Matteis A. et al. EULAR/PReS recommendations for the diagnosis and management of Still‘s disease, comprising systemic juvenile idiopathic arthritis and adult-onset Still‘s disease. Ann Rheum Dis 2024; 83 (12) 1614-1627 PMCID: PMC11672000