Handchir Mikrochir Plast Chir 2025; 57(03): 160
DOI: 10.1055/a-2551-9047
Editorial

Handtherapie – Eine unverzichtbare Säule der Handchirurgie

Hand Therapy – An Indispensable Pillar of Hand Surgery

Authors

  • Kai Megerle

In dieser Ausgabe unserer Zeitschrift widmen wir uns erstmals einem Schwerpunktthema, das eigentlich überfällig scheint: der Handtherapie. Mehrere Beiträge von erfahrenen Handtherapeutinnen und -therapeuten unterstreichen die zentrale Rolle dieses Fachgebiets für den Behandlungserfolg sowohl bei konservativer Therapie als auch nach chirurgischen Eingriffen. Dies ist ein bedeutender Schritt, der nicht nur die Expertise der Therapie würdigt, sondern auch eine klare Botschaft sendet: Ohne partnerschaftliche Zusammenarbeit bleiben optimale Behandlungsergebnisse unerreichbar.

Wie jeder Handchirurg weiß, kann selbst die beste Operation ihr volles Potenzial nur entfalten, wenn die postoperative Versorgung ebenso exzellent ist. Hier kommt die Handtherapie ins Spiel: Sie übersetzt chirurgische Präzision in langfristige Lebensqualität, indem sie postoperative Heilungsprozesse steuert, Komplikationen vorbeugt und Patienten individuell motiviert.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Zusammenarbeit zwischen Chirurgen und Therapeuten nach wie vor von Hierarchien und Kommunikationslücken geprägt ist. Es reicht nicht aus, Therapiepläne lediglich vorzugeben – Handtherapeuten sind keine ausführenden Kräfte, sondern Spezialisten, die täglich sehen, wie Gewebe heilt, Narben reagieren und Patienten Motivation gewinnen oder verlieren. Ihr Feedback sollte daher aktiv eingefordert und in die Behandlungsstrategie einbezogen werden.

Ein konstruktiver Dialog zwischen Therapeuten und Chirurgen erfordert jedoch mehr als gute Absichten – er muss auf wissenschaftlicher Basis erfolgen. Handtherapeutinnen und -therapeuten müssen ermutigt werden, ihre Vorschläge auf evidenzbasierte Argumente zu stützen. Nur wer mit klaren Daten, Studien oder zumindest plausiblen pathophysiologischen Mechanismen argumentiert, wird im klinischen Alltag Gehör finden. Die Herausforderung liegt daher auch darin, Therapeuten durch Fortbildungen, Beratung und Zugang zu wissenschaftlichen Ressourcen zu befähigen, ihre Beobachtungen in überprüfbare Hypothesen zu übersetzen. Erst dann entstehen Konzepte, die Chirurgen überzeugen und Patienten nachhaltig helfen.

Die Beiträge in diesem Heft zeigen exemplarisch, wie bereichernd der Perspektivwechsel sein kann: Von neuen konservatien Therapieansätzen bis hin zu eleganten Schienenkonzepten und digitalen Therapietools liefern die Autoren wertvolle Impulse. Ich hoffe, dass diese Ausgabe ein Anstoß ist, die Brücke zwischen Sprechstunde und Therapiezentrum weiter auszubauen und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Kai Megerle, München



Publication History

Article published online:
02 July 2025

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