PSYCH up2date 2025; 19(06): 485-496
DOI: 10.1055/a-2554-1898
Angststörungen, Zwangsstörungen und stressassoziierte Störungen

Umgang mit Selbstkritik und Schamerleben in der Psychotherapie

Grundlegende Ideen aus der Compassion Focused Therapy

Autoren

  • Christian Stierle

Schamgefühle, Selbststigmatisierung und Selbstkritik sind häufige Begleiterscheinungen bei Patient*innen mit psychischen Erkrankungen. Diese psychischen Phänomene beeinflussen den Verlauf und den Genesungsprozess der Betroffenen. Neben symptomorientierten und störungsspezifischen Ansätzen haben sich Ansätze bewährt, die die Themen Mitgefühl und Selbstmitgefühl in den Fokus nehmen. Interessant ist hier besonders die Compassion Focused Therapy (CFT).

Kernaussagen
  • Bei der Compassion Focused Therapy handelt es sich um einen transdiagnostischen Ansatz, der sich für die Behandlung unterschiedlichster Erkrankungsbilder eignet und bestehende psychotherapeutische Verfahren ergänzt.

  • Die bisherige Forschung weist vielfältige positive Auswirkungen auf, z.B. auf Depressivität, Schamerleben und Lebensqualität.

  • Es zeigt sich, dass die Arbeit am Mitgefühl ein effektiver und vielversprechender Ansatz für die Behandlung insbesondere von Selbstkritik und Schamerleben ist.

  • Der Einbezug mitgefühlsbasierter Interventionen bietet eine sinnvolle Ergänzung für die Versorgung psychisch erkrankter Menschen.

  • Die Compassion Focused Therapy kann transdiagnostisch wirksam sein.

  • Sie verbessert konsistent selbstbezogene Faktoren wie Selbstmitgefühl und reduziert Selbstkritik. Diese Veränderungen gehen i.d.R. mit einer Besserung der psychischen Symptome einher.

  • Allerdings variieren die Ergebnisse je nach Störungsdimension: Während Effekte auf interne Prozesse (wie Selbstabwertung) gut belegt sind, ist die Evidenz bezüglich externen Komponenten (z.B. Mitgefühl für andere empfinden oder von anderen annehmen) noch uneinheitlich und weniger erforscht.

  • Dies zeigt zum einen, dass die CFT besonders in der Arbeit an der Selbstbeziehung effektiv ist, zum anderen aber Bedarf besteht, mehr über die Auswirkungen auf zwischenmenschliche Aspekte zu fokussieren.

  • Insgesamt hat sich die Forschungslage zur CFT in den letzten Jahren deutlich verbessert, wobei häufig noch Studien mit kleinen Stichproben und Selbstberichtsinstrumenten dominieren. Auch ist die Anzahl hoch qualitativer RCT-Studien weiterhin begrenzt. Insgesamt zeigt sich in den Studien oft noch eine große Varianz im Studiendesign.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
14. November 2025

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