Notfallmedizin up2date 2025; 20(04): 493-513
DOI: 10.1055/a-2558-2654
Traumatologische und chirurgische Notfälle

Unterkühlungen und Erfrierungen

Authors

  • Holger Maurer

Unterkühlungen können in unseren Breiten viele Patientinnen und Patienten betreffen. Je nachdem, wie deutlich die Körperkerntemperatur sinkt, kann ein ambulantes Wiedererwärmen ausreichend sein, eine stationäre Therapie indiziert sein, oder es muss der Transport in ein Zentrum mit der Möglichkeit einer extrakorporalen Zirkulation erfolgen. Bei niedrigen Temperaturen können zudem kälteinduzierte Verletzungen auftreten, die zum Teil chirurgisch versorgt werden müssen.

Kernaussagen
  • Eine akzidentelle Hypothermie (HT) liegt vor, wenn die Körperkerntemperatur < 35 °C fällt. Die Ursachen sind vielfältig. Man unterscheidet die primäre Hypothermie, bei der eine Kälteeinwirkung die Kompensationsmechanismen des Körpers überschreitet, von der sekundären, bei der die Unterkühlung auf einer anderen Erkrankung oder Beeinträchtigung beruht. Eine Hypothermie kann in unseren Breiten ganzjährig auch Personen in Gebäuden betreffen.

  • Eine Hypothermie kann leicht übersehen werden, weshalb die Messung der Körpertemperatur eine Standardmaßnahme in Rettungsdienst und Notaufnahme sein muss.

  • Die Hypothermie wird klassisch nach Symptomen, die für bestimmte Körperkerntemperaturen typisch sind, in 4 Grade eingeteilt (HT I–IV; Schweizer Klassifizierungsschema). Eine aktuelle Revision berücksichtigt das Risiko eines hypothermiebedingten Kreislaufstillstands abhängig vom Bewusstseinsgrad.

  • Eine HT I bei wachen Patienten wird mit passiver Wiedererwärmung therapiert; ggf. muss ein nahegelegenes Krankenhaus aufgesucht werden.

  • Bei auf Ansprache (HT II) oder auf Schmerzreiz erweckbaren Patienten (HT III) muss auf eine bewegungsarme Rettung geachtet werden (Vermeidung eines Bergungskollaps). Das Erwärmen erfolgt aktiv mit externen und invasiven Maßnahmen; bei Zeichen hämodynamischer Instabilität ist ein Krankenhaus mit ECLS-Option aufzusuchen.

  • Liegt eine hypothermiebedingte Reanimationssituation vor, gelten besondere Regeln bezüglich Defibrillation und Medikamentengabe; ein Transport mit kontinuierlicher Herzdruckmassage (mechanischer Reanimationshilfe) in ein Zentrum mit ECLS-Option ist angezeigt.

  • Erfrierungen können graduell die Dermis, Subkutis oder auch tiefere Strukturen betreffen. Sie werden im warmen Wasserbad mit antibakterieller Lösung gewärmt; ggf. ist eine chirurgische Therapie notwendig.



Publication History

Article published online:
08 December 2025

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