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DOI: 10.1055/a-2565-0277
Liebe Kolleginnen und Kollegen

„Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an.“ (Kurt Tucholsky)
Mit jedem Flugticket, das gebucht wird, und jedem Reisepass, der abgestempelt wird, erweitern sich nicht nur Horizonte ([ Abb. 1 ]) – auch das medizinische Terrain, das wir als Reisemedizinerinnen und -mediziner durch unsere Reisenden betreten, verändert sich ständig: Die Dynamik unserer Fachdisziplin spiegelt dabei die Bewegtheit der Welt wider: geopolitische Verschiebungen, klimatische Veränderungen, neu auftretende Infektionen, vakzinologische Weiterentwicklungen. Es wird eben nicht langweilig in der Reisemedizin!


Im Fokus stehen aktuell neu zugelassene und auch verfügbare Impfstoffe gegen Chikungunya – eine Erkrankung, deren Ausbreitungspotenzial lange Zeit von uns unterschätzt wurde. Auf der DFR-Homepage finden Sie eine Stellungnahme unserer Fachgesellschaft zur Anwendung der Chikungunya-Impfstoffe in der Reisemedizin (Kurzfassung, s. ▶ Neue DFR-Empfehlung).
Impfung gegen Chikungunya
Die ausführliche Empfehlung der DFR zur Impfung gegen Chikungunya ist auf der Homepage der DFR veröffentlicht.
Die Impfung gegen Chikungunya sollte für alle Reisenden:
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bei Reisen in Endemiegebiete entsprechend der Zulassung erwogen werden
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bei Reisen in aktuelle Ausbruchsgebiete und auch bei (kumulativen) Langzeitaufenthalten empfohlen werden
Zur Impfung verwendet werden kann:
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der Totimpfstoff Vimkunya ab 12 Jahren oder
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der Lebendimpfstoff Ixchiq von 12–64 Jahren – nicht jedoch bei relevanter Immunsuppression
Gleichzeitig werfen andere Erreger einen langen Schatten: Die globale Poliosituation bleibt fragil. Trotz jahrzehntelanger Erfolge zeigen aktuelle Ausbrüche und Verbreitungen in der Umwelt, wie dünn das Eis der intendierten Eradikation sein kann. Unsere Jahrestagung widmet dieser ambivalenten Entwicklung einen eigenen Programmpunkt – eine wichtige Gelegenheit zur Standortbestimmung.
2025 ist aber auch ein Jahr der Innovation: Nie zuvor befanden sich so viele Impfstoffkandidaten gleichzeitig in der klinischen Entwicklung. Von Borreliose über Norovirus bis hin zu EBV und CMV – viele dieser Vakzine könnten unser reisemedizinisches Portfolio in naher Zukunft lohnend erweitern. Besonders spannend – aber weiterhin evaluationsbedürftig – ist der technologische Sprung zu selbstreplizierenden RNA-Plattformen, die das Potenzial haben, Wirksamkeit und Verfügbarkeit in einem neuen Maßstab zusammenzubringen.
Doch es sind nicht nur Viren und Vektoren, die uns beschäftigen: Auch gesellschaftliche Trends wie der „digitale Nomadismus“, nachhaltiges Reisen oder auch die wachsende Zahl älterer Langzeitreisender stellen uns vor neue Fragen – und bieten zugleich Chancen für innovative Versorgungskonzepte.
All diese Entwicklungen greifen wir auf der 28. Jahrestagung der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V. vom 19. bis 20. September 2025 in Essen auf. Unter dem Kongresspräsidenten Dr. Markus Frühwein erwartet Sie ein hochaktuelles Programm: von der aktuellen Weltseuchenlage über KI in der Reisemedizin bis hin zu praktischen Herausforderungen wie Schlangenbissen, Höhenmedizin oder Notfällen an Bord. Den gesellschaftlichen Wandel spiegelt nicht zuletzt der Blick auf Tourismus-Trends und die Rolle der Reisemedizin in Zeiten der Klimakrise wider.
Das vollständige Programm finden Sie auf diesen Seiten abgedruckt ([ Abb. 2 ]) – ich lade Sie herzlich ein, es einmal durchzusehen und gerne Ihre Reise nach Essen fest einzuplanen. Ob beim Update Reiseimpfungen, der Diskussion über Oropouche-Fieber oder dem Austausch beim Abendessen: Unsere Tagung lebt von Ihrem Wissen, Ihrer Erfahrung und Ihrem Engagement!


Wir freuen uns auf die Zusammenkunft und wertvolle Gespräche!
Für den DFR-Vorstand
Herzlich
Ihr
Dr. Sebastian Wendt (Halle/Leipzig)
Heiliges Wasser mit hohem Risiko
Dieses Jahr wurden in Deutschland 3 Cholerafälle diagnostiziert, die auf die Mitnahme und den Konsum von „heiligem Wasser“ aus Äthiopien zurückzuführen sind. Das Wasser stammte aus der Quelle Bermel Giorgis im Distrikt Quara – einem beliebten Pilgerort, an dem Gläubige es zur rituellen Reinigung trinken oder mit nach Hause nehmen. Bei den importieren Fällen wurde ein multiresistenter Stamm von Vibrio cholerae O1 identifiziert, der mit aktuellen Ausbrüchen in Ostafrika in Verbindung steht.
Diese Ereignisse verdeutlichen, wie wichtig es ist, bei der reisemedizinischen Beratung u. U. auch kulturelle Praktiken aktiv zu thematisieren. Religiöse Rituale und symbolische Gegenstände wie heiliges Wasser, Tierhäute, Pflanzenteile usw. sind für Reisende oft von großer Bedeutung – stellen aber mitunter auch ein nicht zu unterschätzendes (infektiologisches) Risiko dar.
Publication History
Article published online:
11 August 2025
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