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DOI: 10.1055/a-2565-6993
Das Soziale in der Psychiatrie
The social side of psychiatry
Die psychiatrische Versorgung steht derzeit von zwei Seiten unter Druck. Auf der einen Seite durch die steigende Inanspruchnahme von Menschen mit eher leichteren psychischen Belastungen und sozialen Problemen [1]. Auf der anderen Seite durch die (oft unfreiwillige) Zuweisung von Menschen mit komplexen sozialen Konstellationen, ohne dass ursächlich eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung feststellbar ist. Die aus der Psychiatriereform stammende Prägung, dass «jede Psychiatrie nur Sozialpsychiatrie - oder keine» sein könne (Klaus Dörner) und die Anforderung, dass Medizinisches und Soziales aus einer Hand angeboten werden müssen, tragen mit dazu bei, dass die Gesellschaft (sowie nicht wenige psychiatrische Fachpersonen) die Psychiatrie für psychische Belastungen sowie für sozial auffälliges Verhalten jeder Art zuständig erklärt. Die damit verbundene Überfrachtung des Versorgungssystems mit all ihren bekannten Folgen wie Qualitätsverlust, Kostenwachstum, Personalfluktuation, Fachkräftemangel gerät dabei häufig aus dem Blick. Eine Fokussierung des aus der sozialen Dimension psychischer Erkrankungen abgeleiteten psychosozialen Behandlungsauftrags an die Psychiatrie scheint daher erforderlich.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. Juli 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Schuler D, Tuch A, Sturny I, Peter C. Psychische Gesundheit. Kennzahlen 2022. Obsan Bulletin 11/2024. Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium;
- 2 Jenderny S, Claus S, Falkai P. et al. Entlassen, aber wohin? Zur aktuellen Situation der „Langlieger “in deutschen psychiatrischen Kliniken. Psychiat Prax 2024; 51: 361-366
- 3 Cole C, Klotz E, Junghanss J. et al. Coercive measures in psychiatry–When do they occur and who is at risk?. J Psychiatr Res 2023; 164: 315-321
- 4 Sappok T, Steinhart I. Leave No One Behind: Kognitiv beeinträchtigt und (psychisch) krank – eine Herausforderung für die Gesundheitsversorgung. Psychiat Prax 2021; 48: 115-118
- 5 Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN). Versorgung weitergedacht. Weiterentwicklung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung durch das Krankenhaus (21.06. 2024). Im Internet https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/5e4a4c12fa547441b1be3adbad82b57dac17a9d9/20241107_DGPPN_Versorgungsmodell.pdf Stand: 12.03.2025
- 6 Lambert M, König H, Karow A. et al. Stepped, evidence-based and integrated care service model vs. usual care for mental disorders: a randomized controlled trial (RECOVER). Psychiatry Res 2024; 339: 116007