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DOI: 10.1055/a-2572-4591
Detektion okkulter Gallenblasensteinen mittels Spektral-Detektor-CT
Detection of occult gallbladder stones using spectral detector CTAuthors

In einer Routine-CT-Untersuchung im Rahmen der Nachsorge eines 64-jährigen Patienten mit Z.n. eines Adenokarzinom des gastroösophagealen Überganges (AEG-Tumor) konnte mittels Spektral-CT-Technik eindeutig ein Cholesteringallenstein diagnostiziert werden.
Der Patient stellte sich nach einer transhiatal erweiterten Gastrektromie mit Magenhochzug wegen eines AEG-Tumors (Typ II) im Rahmen der jährlichen Nachsorge vor. Im Anamnesegespräch berichtet der 64-jährige Patient über gehäuft postprandial vorkommende Oberbauchschmerzen. Die Symptome wurden zunächst auf posttherapeutische Veränderungen zurückgeführt. Es erfolgte die leitlinienkonforme konsekutive computertomografische Bildgebung (CT) zum Ausschluss eines Rezidivs bzw. einer Fernmetastasierung.
Bei initialer Befundung der Bilder konnte eine Metastasierung und ein Rezidiv erfreulicherweise ausgeschlossen werden. In den konventionellen (=standard) Bildrekonstruktionen zeigten sich keine relevanten Nebenbefunde ([Abb. 1]). Unter Hinzuziehen der (in unserem Institut routinemäßig angefertigten) virtuell monoenergetischen Bilder (55 keV-VMI) ließ sich jedoch eine umschriebene, bis zu 2,1cm große, hypodense Läsion innerhalb des Gallenblasenkorpus abgrenzen ([Abb. 2]A). Unter weiterer Absenkung der keV-Stufen und Hinzuziehen weiterer spektraler Ergebnisse (Elektronendichte, ED und Kartierungen der effektiven Ordnungszahl, Z_eff) erhärtet sich der Verdacht auf eine Cholezystolithiasis ([Abb. 2]B, C).




Der Befund stellte sich in den Routine-Rekonstruktionen nicht dar (auch nach harter Fensterung, [Abb. 1]). Bei fehlenden Entzündungshinweisen und stattgehabter Operation wurde zunächst ein konservatives Therapiekonzept angestrebt.
Gallensteine gehören mit einer Inzidenz von ca. 10% zu häufigen Erkrankungen der Allgemeinbevölkerung und betreffen v.a. Frauen mittleren Alters. Bei entsprechender Klinik mit z.B. rechtseitigen Oberbauchschmerzen wird initial die Durchführung einer Abdomen-Sonografie empfohlen. Die Sonografie gilt als Goldstandard bei der nicht invasiven Diagnostik bei V.a. Cholezystolithiasis. Die Zusammensetzung der Gallensteine kann variieren, wobei der Hauptanteil der Steine durch Cholesterin gebildet wird (Potretzke TA et al. Radiology 2015 Apr;275(1):119–26). Bei Cholesterinsteinen handelt es sich um Gallensäurensalze, die bei Übersättigung (d.h. dem Übersteigen des Löslichkeitsprodukts) der Gallenflüssigkeit ausfallen. Hierbei unterscheiden sich, chemisch gesehen, eine ionische Form und das einhergehende Kation. Somit weisen sie Hounsfield (HU)-Dichtewerte auf, die eine Differenzierung von der umgebenden Galle unmöglich machen (Soesbe T et al. Radiology 2019 Aug;292(2):400–406). Baron et al. berichten, dass die diagnostische Genauigkeit des konventionellen CTs für eine Cholezystolithiasis bei ca. 80% läge. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Genauigkeit für die Detektion von Cholesterinsteinen deutlich niedriger liegt (Baron RL Radiology 1997 Jun;203(3):601–3).
Bei einem konventionellen Computertomografen wird ein polychromatisches Röntgenspektrum aggregiert gemessen. Photonen mit niedriger und hoher Energie (gemessen in keV) werden hierbei gleichermaßen berücksichtigt. Das bedeutet auch, dass beide (im Bereich der Diagnostik) beobachteten physikalischen Schwächungsphänomene, photoelektrischer Effekt und Compton-Streuung, zur gemessenen Schwächung beitragen (Große Hokamp et al. Fortschr Röntgenstr 2024 Aug;196(8):794–806). Genau dies ist der Ansatzpunkt der Dual- und Multi Energy-CT, bei der über verschiedene technologische Ansätze versucht wird, den Beitrag dieser beider Schwächungsphänomene an der Gesamtschwächung voneinander unabhängig abzuschätzen. Dies ermöglicht unter anderem die Berechnung niedrig energetischer monoenergetischer Bilder (low keV virtual monoenergetic images, VMI) oder die Berechnung von Parameterkarten für die effektive Ordnungszahl (Z_eff) in einem Voxel oder dessen Elektronendichte (ED). Low keV VMI bieten einen deutlich verbesserten Weichteilkontrast und verbessern somit auch die Differenzierung von Materie mit nur minimal differenter konventioneller HU-Dichte. Z_eff- und ED-Karten versprechen ebenfalls den Vorteil, dass Unterschiede in der Materialzusammensetzung (die sich nicht unbedingt in der konventionellen HU-Dichte widerspiegeln würden) sichtbar gemacht werden können, z.B. die Kationen von Gallensäurensalzen beim Ausfallen (Große Hokamp et al. Fortschr Röntgenstr 2024 Aug;196(8):794–806).
Zudem zeigte sich bereits in mehreren Studien, dass die Spektraltechnik u.a. das Detektieren eine Nephrolithiasis und einer Urolithiasis erleichtert (Hidas G et al. Radiology 2010 Nov;257(2):394–401). Die Herausforderung biliär maskierter Cholesterinsteine ist seit langem bekannt (Soesbe T et al. Radiology 2019 Aug;292(2):400–406). Yang et al. konnten 2017 zeigen, dass eine rapid kV-switching DECT die Detektion von Cholesterinsteinen in der Gallenblase einfacher macht (Yang C et al. Acad Radiol. 2017 Apr;24(4):478–482). In dieser Studie mit 24 Patienten wurde nachgewiesen, dass gerade Rekonstruktionen im niedrigeren Energiebereich (ca. 40 keV) zu einer erleichterten Differenzierung zwischen Cholesterinsteinen und Galle führen, wohingegen im Bereich von höheren Energieleveln (ca. 60–80 keV) wie in der konventionellen CT die Differenzierung schwieriger wurde. Zuletzt konnte auch gezeigt werden, dass mit der Spektral-Detektor-DECT auch kleine Gallensteine von 9mm Größe zuverlässig erkannt werden können (Soesbe T et al. Radiology 2019, Aug;292(2):400–406). Eine Multi-Vendor-Vergleichsstudie darüber, welche DECT-Technologie hierbei möglicherweise einer anderen überlegen ist, gibt es bislang nicht. Unklar ist zudem, ob sich die hier geschilderten Beobachtungen auch auf die seit kurzem verfügbare Photon-Counting-CT übertragen lassen.
Unser Fall bestätigt die angeführten, erweiterten Fähigkeiten der Spektral-Detektor-CT in der Diagnostik von Cholesterinsteinen. Hervorzuheben bei dem hier geschilderten Fallbericht ist, dass der Stein in den konventionellen Bildrekonstruktionen auch in Kenntnis des Befundes nicht darstellbar war. Zudem bekräftigt er unseren Ansatz, routinemäßig niedrig-keV-Bildrekonstruktionen ins digitale Bildarchiv auszuspielen. In unserem Zentrum erfolgt seit >5 Jahren routinemäßig die Errechnung von 55 keV-Datensätzen aufgrund der überlegenen Kontrasteigenschaften. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass bei einer vermuteten Cholezystolithiasis (und nicht wegweisender Sonografie), wenn möglich, die Untersuchung an einem DECT erfolgen sollte und bei der Befundung insbesondere auch niedrigenergetische VMI berücksichtigt werden sollten.
Dieser Artikel wurde gemäß des Erratums vom 11.08.2025 geändert.
Erratum
Im oben genannten Artikel wurde die Rechtschreibung des Namens der Autorin korrigiert. Die korrekte Schreibweise lautet: „Jasmin Weindler“. Die Korrektur wurde in der Onlineversion des Artikels am 11.08.2025 ausgeführt.
Publikationsverlauf
Eingereicht: 07. Oktober 2024
Angenommen nach Revision: 28. März 2025
Artikel online veröffentlicht:
10. April 2025
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