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DOI: 10.1055/a-2582-4667
Wulf Bertram, 1948 bis 2025

Wulf Bertram wurde am 31. 03. 1948 in Soest geboren. Schon früh zog die Familie nach Mailand, wo sein Vater das Büro der Lufthansa leitete. Er besuchte dort die Deutsche Schule. Diese Italienerfahrung hatte einen prägenden Einfluss auf seine Persönlichkeit sowie auf sein Leben. Seine offene Kommunikation, seine humorvolle, assoziationsreiche, charmante bis hin zu flirtende Gesprächsführung, seine Kleidung, seine Freude am Genießen haben lebenslang seine „Italianità“ offenbart.
Wulf Bertram studierte Psychologie in Hamburg, damals Hochburg der wissenschaftlichen Psychologie in Deutschland, und nach dem Vordiplom begann er nebenher ein Medizinstudium. Als Psychologe arbeitete er an der Tagklinik der Psychiatrischen Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf unter der Leitung von Klaus Dörner, damals eine Keimzelle sozialpsychiatrischen Handelns und Denkens in der Bundesrepublik. Dort promovierte er auch in Medizin mit einer der ersten Untersuchungen zur Bedeutung der Angehörigenarbeit in der Psychiatrie.
Mit einem Stipendium zog er nach Italien, um den von Franco Basaglia initiierten Umbruch der psychiatrischen Versorgung kennenzulernen. Im ländlichen Bibbiena, zur Modellregion Arrezzo gehörig, arbeitete er an der psychiatrischen Basis. Diese sozialpsychiatrische Arbeit setzte er 1982 am Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren fort, das damals, im Rahmen der durch die Enquete angeregten Psychiatriereform, enge Kontakte zur italienischen Reform und zu der „Psichiatria Democratica“ hatte.
1986 kam die große berufliche Wende. Die Niederungen der bayerischen Provinz und die mühsame psychiatrische Alltagsarbeit kollidierten mit seiner „Italianitá“. Wulf Bertram wurde Verleger. Nach einer kurzen Tätigkeit bei Urban & Schwarzenberg in München wurde er wissenschaftlicher Leiter des Schattauer Verlages und bald auch dessen Geschäftsführer.
In kurzer Zeit machte er diesen etwas verschlafenen Medizinverlag zu einem führenden Verlag im psychotherapeutischen und psychosomatischen Bereich.
Wulf Bertrams verlegerischer Erfolg beruhte auf seiner Fähigkeit, Autoren zu motivieren, auf Augenhöhe zu kontaktieren, zu bestätigen und anzuregen. Mit vielen Autoren bestanden jahrelange Freundschaften, es ging ihm nicht nur um die Bücher, sondern um die Förderung der Themen, des psychosomatischen Denkens, der Überwindung des Leib – Seele – Dualismus. Ein besonderes Interesse hatte er im Bereich der Persönlichkeitsstörungen. Hier leitete er viele Jahre den Internationalen Kongress über Theorie und Therapie von Persönlichkeitsstörungen.
Ein Höhepunkt seines beruflichen Lebens war die enge Freundschaft mit Thure von Uexküll, den er auch als „seinen Meister“ bezeichnete. Er wurde 1992 Mitbegründer der „Thure von Uexküll – Akademie für Integrierte Medizin“ und hat bis kurz vor seinem Tod die Geschicke der Akademie mitgestaltet. Für dieses Engagement bekam Wulf Bertram 2018 den renommierten Preis der Schweizer Magrit – Egnér – Stiftung.
Wulf Bertram war nicht nur ein erfolgreicher aktiver Verleger, Gestalter, auch selbst Autor zahlreicher Artikel und Bücher, 2015 veröffentlichte er sogar ein Kinderbuch („Der Igel Frederik“). Als Klarinettist und Saxophonist der „Braintertainers“ hat er über viele Jahre unter anderem abertausende Teilnehmer der Lindauer Psychotherapiewochen mit seinen Freunden Manfred Spitzer und Joram Ronel in Schwung gebracht.
Als Geschäftsführer des Schattauer Verlags gelang es ihm, mit Manfred Spitzer als Schriftleiter die Zeitschrift Nervenheilkunde zu Erfolg, Vielfalt und Beachtung zu führen.
Im Januar 2025 wurde er als Gründer und Mitherausgeber der Zeitschrift „Ärztliche Psychotherapie“ gewürdigt. Am Ende findet sich dieser Satz über seinen anstehenden Ruhestand: „… der sicher nicht langweilig wird – unter Anderem ist er nun sogar in Italien landwirtschaftlich aktiv, mit eigenem Traktor!“
Dieser Traktor ist ihm einige Wochen später zum Verhängnis geworden. Wulf Bertram starb in seinem Haus in den Colli Euganei nahe Padua am 24. 04. 2025 an den Folgen eines Unfalls.
Wulf, du fehlst uns! Wir trauern mit euch, Stefania und Daria.
Michael von Cranach, Peter Brieger
Publication History
Article published online:
12 September 2025
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