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DOI: 10.1055/a-2598-0825
Kommentar

Radikale Prostatektomie oder Radiatio der Prostata – es ist die Therapieentscheidung, die unsere Patienten vermutlich am meisten umtreibt. Aus rein onkologischer Sicht werden die Radiatio und die Prostatektomie als weitestgehend gleichwertig angesehen, u.a. auf Basis des ProtecT Trial [1]. Während in der operativen Therapie die robotisch-assistierte radikale Prostatektomie in Deutschland der weitestgehend etablierte Standard ist, findet sich in der Strahlentherapie aktuell ein Paradigmen-Shift zur hypo- bzw. ultrafraktionierten Radiatio der Prostata, welche dann regelhaft mittels stereotaktischer Radiatio (SBRT, in der Regel 5 Sitzungen à 7–8 Gray) erfolgt. Daher ist die PACE-A-Studie zu begrüßen, da sie als randomisiert-kontrolliert Studie Ergebnisse hervorbringt, die bei der Beratung und Therapiefindung des Intermediate-Risk-Karzinoms im Hinblick auf die sich ändernde Therapielandschaft in der Strahlentherapie unterstützen können.
Aktuell erfolgt die Entscheidungsfindung in der Regel partizipativ auf Basis verschiedener Faktoren, von denen das in PACE-A als untersuchte funktionelle Ergebnis einen wichtigen Faktor darstellt. In bisherigen Studien [2], welche die klassisch fraktionierte Radiatio und Prostatektomie verglichen, zeigte sich, dass das Risiko für eine Inkontinenz bei der radikalen Prostatektomie erhöht zu sein scheint, auch wenn diese in der Regel nur mild ausgeprägt ist. Die Radiatio hingegen kann für gastrointestinale Einschränkungen verantwortlich sein, die bei der radikalen Prostatektomie klassischerweise nicht gesehen werden. Bezüglich der erektilen Funktion scheint die radikale Prostatektomie insbesondere initial mit einer stärkeren Einschränkung einherzugehen, wobei hier Unterschiede und Heterogenität hinsichtlich des operativen Vorgehens, insbesondere des Nerverhalts, nur eingeschränkt in Studien berücksichtigt werden konnten. Höhergradige Langzeittoxizitäten nach Radiatio werden insgesamt als selten angegeben, können klinisch jedoch eindrücklich sein. Langzeitstudien hierzu sind rar, es wird insgesamt davon ausgegangen, dass deren Inzidenz unterschätzt wird [3].
Die im PACE-A-Trial veröffentlichten Ergebnisse zur SBRT sind somit insgesamt vergleichbar zu den bisher veröffentlichten Daten der klassisch fraktionierten Radiatio und der Prostatektomie. Dennoch müssen die Ergebnisse zumindest mit gewisser Zurückhaltung betrachtet werden, da die Studie trotz ihres randomisiert-kontrollierten Designs relevante Limitationen aufweist. Primär ist die sehr eingeschränkte Information zur operativen Versorgung zu nennen. Es fehlen Angaben zum Vorgehen hinsichtlich des Nerverhalts, was die Ergebnisse der erektilen Funktion relevant einschränkt. Auch die angegebene operative Expertise von einem „annual surgical caseload“ von 25 Prostatektomien wird nicht weiter spezifiziert, es bleibt unklar, ob es sich um die des Operateurs oder nur die des gesamten Zentrums handelt. Auch die geringe Patientenzahl mindert die Generalisierbarkeit der Ergebnisse. Das Follow-up von 24 Monaten erscheint prinzipiell für die Erfassung funktioneller Ergebnisse valide, allerdings ist das Follow-up bei einem relevanten Anteil der Patienten kürzer. Langzeittoxizitäten können außerdem naturgemäß mit dem 24-Monats-Follow-up nicht valide erfasst werden.
Es bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse – trotz der Einschränkungen – zeigen, dass die Beratung hinsichtlich des funktionellen Outcomes der aktiven Therapie des lokalisierten Intermediate-Risk-Prostatakarzinoms auch im Zeitalter der SBRT keine relevanten Änderungen erfahren muss. Generell bleibt es spannend, ob das onkologische Ergebnis der SBRT im Vergleich zur klassisch fraktionierten Radiatio auch langfristig vergleichbar bleibt – bisher zeigte es keinen signifikanten Unterschied [4]. Auch gilt es die Langzeittoxizität nach SBRT zu beachten, da deren Risiko bei der SBRT teilweise als höher postuliert wird, auch wenn dies bisher nicht eindeutig bestätigt wurde [5].
In der grundsätzlichen Frage nach einem onkologischen Vorteil in der Frage Prostatektomie oder Radiatio bringt PACE-A erwartungsgemäß keinen Informationsgewinn, hierfür war die Studie nicht ausgelegt. Die Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten SPCG-15-Studie, die diese Fragestellung in einer High-Risk-Population untersucht, werden entsprechend mit Spannung erwartet (clinicaltrials.gov/study/NCT02102477).
Publication History
Article published online:
22 July 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Hamdy FC, Donovan JL, Lane JA. et al. Fifteen-Year Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Prostate Cancer. The New England journal of medicine 2023; 388: 1547-1558
- 2 Alberti A, Nicoletti R, Castellani D. et al. Patient-reported Outcome Measures and Experience Measures After Active Surveillance Versus Radiation Therapy Versus Radical Prostatectomy for Prostate Cancer: A Systematic Review of Prospective Comparative Studies. Eur Urol Oncol 2024; 7: 1255-1266
- 3 David R, Buckby A, Kahokehr AA. et al. Long term genitourinary toxicity following curative intent intensity-modulated radiotherapy for prostate cancer: a systematic review and meta-analysis. Prostate Cancer Prostatic Dis 2023; 26: 8-15
- 4 Jackson WC, Silva J, Hartman HE. et al. Stereotactic Body Radiation Therapy for Localized Prostate Cancer: A Systematic Review and Meta-Analysis of Over 6,000 Patients Treated On Prospective Studies. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2019; 104: 778-789
- 5 Rasmusson E, Gunnlaugsson A, Wieslander E. et al. Erectile Dysfunction and Absorbed Dose to Penile Base Structures in a Randomized Trial Comparing Ultrahypofractionated and Conventionally Fractionated Radiation Therapy for Prostate Cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2020; 107: 143-151