Aktuelle Kardiologie 2025; 14(04): 303-309
DOI: 10.1055/a-2606-7020
Kurzübersicht

Adipositas und Herz: neue Medikamente und neue Strategien für Kardiologen

Obesity and Heart: New Drugs and New Strategies for Cardiologists
Tim Hollstein
1   Institut für Diabetologie und klinische Stoffwechselforschung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel, Deutschland
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Zusammenfassung

Die Adipositastherapie erlebt durch Inkretin-basierte Medikamente (GLP-1- und GIP/GLP-1-Rezeptoragonisten) und SGLT-2-Inhibitoren (SGLT2i) eine Revolution mit direkten Implikationen für die Kardiologie. Substanzen wie Semaglutid und Tirzepatid ermöglichen eine bislang nicht erreichte Gewichtsreduktion, reduzieren nachweislich kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und verbessern Endpunkte bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF), auch bei Menschen ohne Diabetes. SGLT2i sind etabliert zur Reduktion von Herzinsuffizienzhospitalisierungen und Nierenendpunkten über das gesamte Herzinsuffizienzspektrum und bei chronischer Nierenerkrankung. Die Kombination von GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2i zeigt additive Vorteile und wird leitliniengerecht bei Typ-2-Diabetes mit hohem Risiko empfohlen. Für Kardiologen bedeutet dies einen Paradigmenwechsel: Adipositas wird zu einem aktiv behandelbaren kardiovaskulären Risikofaktor. Die Integration dieser Therapien erfordert Wissen über Indikationen, Kontraindikationen, Nebenwirkungsmanagement und Langzeitstrategien. Zukünftige Multiagonisten versprechen noch stärkere Effekte, ihre kardiovaskuläre Sicherheit muss aber belegt werden.

Abstract

Obesity therapy is undergoing a revolution driven by incretin-based medications (GLP-1- andGIP/GLP-1 receptor agonists) and SGLT2 inhibitors (SGLT2i), with direct implications for cardiology. Agents such as semaglutide and tirzepatide enable unprecedented weight loss and have been shown to reduce major adverse cardiovascular events (MACE) and improve outcomes in heart failure with preserved ejection fraction (HFpEF), even in non-diabetic patients. SGLT2i are well established for reducing heart failure hospitalizations and renal endpoints across the entire heart failure spectrum and in chronic kidney disease. The combination of GLP-1 receptor agonists and SGLT2i shows additive benefits and is guideline-recommended for patients with type 2 diabetes at high cardiovascular risk. For cardiologists, this marks a paradigm shift: obesity is becoming an actively treatable cardiovascular risk factor. Integrating these therapies requires knowledge of indications, contraindications, side effect management, and long-term strategies. Future multi-agonists promise even greater effects, though their cardiovascular safety still needs to be demonstrated.

Was ist wichtig?
  • Inkretin-Mimetika (Semaglutid, Tirzepatid) ermöglichen nicht nur signifikante Gewichtsreduktion, sondern reduzieren auch kardiovaskuläre Ereignisse bei Adipositas: Major Adverse Cardiovascular Events (MACE) bei koronarer Herzerkrankung (KHK), Herzinsuffizienz-Events (HF-Events) bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF).

  • Die Kombination von GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT-2-Inhibitoren zeigt additive kardiometabolische Vorteile und wird zunehmend leitliniengerecht bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiorenalem Risiko empfohlen.

  • Die Pipeline an zukünftigen Adipositasmedikamenten (z. B. Retatrutid, CagriSema) verspricht noch potentere Wirkstoffe mit potenziell verbesserten kardiometabolischen Profilen; entscheidende kardiovaskuläre Endpunktstudien sind jedoch abzuwarten.

  • Die Behandlung der Adipositas selbst rückt durch diese neuen Optionen in den Fokus des kardiovaskulären Risikomanagements, erfordert aber ein Management von Nebenwirkungen und eine Langzeitperspektive.



Publication History

Article published online:
06 August 2025

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