Z Orthop Unfall
DOI: 10.1055/a-2641-9652
Original Article

Orthopädischer Fortschritt und Spezialisierung im aG-DRG-System? Eine Analyse aus Sicht eines Standortes des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen mit Knochensarkom-Schwerpunkt

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Katharina Awwad
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany (Ringgold ID: RIN39081)
,
Jendrik Hardes
2   Klinik für Tumororthopädie und Sarkomchirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany (Ringgold ID: RIN39081)
,
Arne Streitbürger
2   Klinik für Tumororthopädie und Sarkomchirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany (Ringgold ID: RIN39081)
,
Marcel Dudda
3   Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, BG Klinikum Duisburg, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Germany
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany (Ringgold ID: RIN39081)
,
Carsten Gebert
4   Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany (Ringgold ID: RIN39069)
5   Klinik für Tumororthopädie und Revisionsendoprothetik, Orthopädische Klinik Volmarstein, Wetter, Germany (Ringgold ID: RIN72190)
,
Martin Wessling
6   Zentrum für muskuloskeletale Chirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany (Ringgold ID: RIN39081)
5   Klinik für Tumororthopädie und Revisionsendoprothetik, Orthopädische Klinik Volmarstein, Wetter, Germany (Ringgold ID: RIN72190)
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Zusammenfassung

Einleitung

Die Implantation einer Tumorprothese bei neoplastischer Indikation ist eine seltene Entität. Nach jeder Tumorresektion kommt der Defektrekonstruktion, die immer eine individuelle Lösung darstellt, eine entscheidende Rolle zu. Neben modular aufgebauten Tumorprothesen, Wachstumsprothesen bei Kindern kommen zunehmend gelenkerhaltende Individualimplantate zum Einsatz. In den meisten Fällen wird die speziell für die Tumorprothese im Fallpauschalenkatalog vorhandene Diagnosis Related Group (DRG) I95A oder DRG I95B gegenüber den Kostenträgern abgerechnet. Die komplexen Behandlungen erfordern eine hohe fachliche Expertise und werden überwiegend in spezialisierten Zentren erbracht. Mit der vorliegenden Arbeit soll daher die Frage beantwortet werden, inwieweit in einem Zentrum einer Universitätsklinik diese speziellen Leistungen mit den unterschiedlichsten Defektrekonstruktionen Kostendeckung im aG-DRG-System (aG-DRG: ausgegliederte German Diagnosis Related Groups) erlangen.

Material und Methoden

Retrospektiv wurden im Zeitraum von Mitte 2021 bis Ende 2023 die Daten ausgewertet und 198 Patienten in die Kostenstudie aufgenommen. In der Analyse wurden relevante fallbezogene Kosten betrachtet (u. a. Personal- und Sachkosten des OP-Bereichs und der Station sowie Leistungsanforderungen aus den Funktionsstellen). Die Ist-Kosten wurden nach den aktuellen Vorgaben des vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) herausgegebenen Kalkulationshandbuches ermittelt. Im Ergebnis wurden für jeden Patientenfall die klinikinternen Kosten mit den jeweiligen Kostenblöcken der aG-DRG-Matrix gegenübergestellt.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter in der betrachteten Fallgruppe lag bei 43,7 (SD = 25,5) Jahren mit einer Unterschreitung der vom InEK angegebenen durchschnittlichen Verweildauer von 2,7 Tagen. Die Kosten-Erlös-Analyse zeigte in den untersuchten Bereichen eine durchschnittliche Unterdeckung von −1223 € je Patientenfall. Der größte Unterschied konnte bei den Implantatkosten ermittelt werden mit einer klinikspezifischen Unterdeckung von −1445 €, primär abhängig von der Lokalisation und der Verwendung patientenindividueller Implantate. Beide Merkmale konnten als Risikofaktor identifiziert werden. Die Kosten der Intensivstation und die Kosten für die Leistungsinanspruchnahme der Funktionsstellen, insbesondere Radiologie- und Laborleistungen, waren in der hier betrachteten Fallgruppe geringer gegenüber den Kalkulationshäusern. Diese konnten die höheren Personalkosten des ärztlichen Dienstes mit einer Unterdeckung sowohl im Kostenstellenbereich OP als auch der Normalstation fast ausgleichen.

Schlussfolgerung

Trotz hoher Spezialisierung in einer der führenden Tumororthopädien in Deutschland ist gegenwärtig die Implantation einer Tumorprothese in einem universitären Zentrum nicht kostendeckend zu erbringen. Dies ist insbesondere auf die unterschiedlichsten zu versorgenden Knochendefekte nach Tumorresektion zurückzuführen. An den Operateur werden hohe Erwartungen gestellt, die möglichst in einer hohen Funktionalität und einem Extremitätenerhalt münden sollen. Jede Versorgung mit einer Tumorprothese impliziert eine individuelle Lösung verbunden mit unterschiedlichen Kosten für das Implantat. Das aktuelle aG-DRG-System bildet diese Individualität und das breite Spektrum eines großen Zentrums nicht ausreichend ab. Auch die Einführung von Vorhaltepauschalen wird dies nicht verbessern. Ein 1. Schritt hin zu einer gerechteren Vergütung könnte die Einführung eines krankenhausindividuellen Zusatzentgeltes für das Individualimplantat sein.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 30. September 2024

Angenommen nach Revision: 20. Juni 2025

Artikel online veröffentlicht:
31. Juli 2025

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