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DOI: 10.1055/a-2645-9178
Kommentar zu: „Therapieerfolg beim aggressiven metastasierten kolorektalen Karzinom“
Authors

Die Ergebnisse der BREAKWATER-Studie, zuletzt präsentiert auf dem diesjährigen ASCO Annual Meeting und prominent von Elez et al. im New England Journal of Medicine publiziert gehören zweifelsohne zu den wichtigsten und insbesondere praxisrelevantesten für das kolorektale Karzinom in diesem Jahr. Sie verändern die Therapielandschaft und insbesondere die Therapieansprechrate, das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben in einer Patientengruppe, die bislang zu der prognostisch schlechtesten im Bereich des metastasierten kolorektalen Karzinoms gehörte. Es handelt sich hierbei um die 8–12% der Patienten im metastasierten Stadium, die eine V600E-Mutation im BRAF-Gen ihres Tumorgewebes zeigen. BRAF ist dabei eine dem RAS nachgeschaltete Proteinkinase im RAS-RAF-MEK-ERK-Signalweg. Häufiger kommen diese Tumoren im rechtsseitigen Kolon vor, gerne auch in Verbindung mit einer frühen peritonealen Metastasierung. Bei Behandlern sind sie vor allem wegen ihrer raschen Resistenzentwicklung und des damit einhergehenden raschen Tumorprogresses unter den bisherigen Standardtherapien gefürchtet. Zur Verdeutlichung unseres therapeutischen Dilemmas: In einer prospektiven Kohorte aus 524 Erkrankten mit mCRC und BRAF-V600E-Mutation zeigte sich ein Gesamtüberleben von 10,4 gegenüber 34,7 Monaten bei Erkrankten ohne die genannte Treibermutation [1].
Als Standardtherapie der Erstlinie hatte sich hier in den letzten Jahren eine Kombinations-Chemotherapie mit mFOLFOX6 oder FOLFOXIRI, häufig in Verbindung mit dem Angiogenesehemmer Bevacizumab etabliert.
Seit 2019 hatten wir in der Zweitlinientherapie die Möglichkeit, basierend auf den Ergebnissen der BEACON-Studie [2], eine Kombination aus dem BRAF-Inhibitor Encorafenib und dem Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab einzusetzen, welche eine Verlängerung des Gesamtüberlebens um 3 Monate (Hazard Ratio [HR] 0,60, 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,45–0,79, p > 0,001) gegenüber der Standardtherapie zeigen konnte und zumindest zu einer leichten Verbesserung der Behandlungssituation geführt hatte.
Ein umso bedeutenderer Fortschritt zeigt sich nun in den Ergebnissen der BREAKWATER-Studie. Wir sehen hier, dass eine Kombination aus mFOLFOX6 mit dem BRAF-Inhibitor Encorafenib und dem Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab gegenüber der Standardtherapie sowohl bei den beiden primären Endpunkten der Studie, dem progressionsfreien Überleben (mPFS 12,8 vs. 7,1 Monate; HR 0,53) und der objektiven Ansprechrate (ORR 65,7 vs. 37,4%) als auch in einem der wichtigsten sekundären Endpunkte, dem Gesamtüberleben (30,3 vs. 15,1 Monate; HR 0,49) die Ergebnisse quasi verdoppeln konnte und beispielsweise das mediane Gesamtüberleben unter der neuen Therapiekombination sich den Überlebensdaten für RAS/BRAF-Wildtyp-Patienten annähert. Die Kombination aus Encorafenib und Cetuximab – ohne die Hinzunahme von modifiziertem FOLFOX6 – zeigte hingegen keinen signifikanten PFS-Vorteil gegenüber der Standardtherapie. Die Toxizität der neuen Kombination zeigte hierbei keine Überraschungen und keine neuen Nebenwirkungen, die wir nicht aus der Kombination von Encorafenib und Cetuximab aus der Zweitlinie bereits kannten.
Der große klinische Benefit (Vordoppelung von ORR, mPFS und mOS) der Kombination aus mFOLFOX6, Encorafenib und Cetuximab in der BREAKWATER-Studie definiert hiermit den neuen Standard in der Erstlinien-Therapie des BRAF-V600E-mutierten, pMMR/MSS metastasierten kolorektalen Karzinoms. Die Kombination ist in den Vereinigten Staaten bereits durch die FDA zugelassen. Die Zulassung durch die EMA in Europa steht noch aus. Hier rate ich den Kolleginnen und Kollegen, dringend Anträge auf Kostenübernahme bei aktuell noch Off-Label-Use zu stellen, da gegenüber den bisherigen Therapieoptionen der Vorteil für unsere Patientinnen und Patienten einfach zu gravierend ist, als länger zu warten.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
29. September 2025
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Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Tran B, Kopetz S, Tie J. et al. Impact of BRAF mutation and microsatellite instability on the pattern of metastatic spread and prognosis in metastatic colorectal cancer. Cancer 2011; 117: 4623-4632
- 2 Kopetz S, Grothey A, Yaeger R. et al. Encorafenib, Binimetinib, and Cetuximab in BRAF V600E-Mutated Colorectal Cancer. N Engl J Med 2019; 381: 1632-1643