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DOI: 10.1055/a-2646-7372
Kommentar
Autoren
Die vorliegende Studie untersuchte die diagnostische Leistungsfähigkeit des Uromonitor-Tests, eines nicht-invasiven Urintests zum Nachweis von Rezidiven bei nicht-muskelinvasivem Harnblasenkarzinom (NMIBC). Der Test basiert auf dem Nachweis mutationsspezifischer Veränderungen in den Genen TERT, FGFR3 und KRAS. In einer beeindruckend großen Kohorte (528 Überwachungen bei 439 Patient*innen) zeigte Uromonitor eine hohe Sensitivität (87%) und Spezifität (99%) – Werte, die auf den ersten Blick durchaus geeignet erscheinen, um die Zystoskopie als Goldstandard infrage zu stellen.
Doch bei genauerer Betrachtung relativieren sich diese Zahlen. Der negative prädiktive Wert (NPV) lag bei 99%, was im Kontext einer niedrigen Rezidivrate von 8,9% zu interpretieren ist – ein klassisches Beispiel für eine testbedingte Verzerrung zugunsten hoher NPV-Werte in Niedrigprävalenz-Kollektiven. Zudem bleibt unklar, inwiefern einzelne relevante Tumoren durch die getesteten Marker überhaupt erfasst werden. Die Testarchitektur basiert auf einer limitierten Zahl genetischer Hotspots, wobei insbesondere Tumoren ohne die getesteten Mutationen (z.B. TERT-negativ) potenziell durch das Raster fallen. In der Tat wurden 6 von 47 Rezidive nicht erkannt, was angesichts der potenziell gravierenden klinischen Konsequenzen eines übersehenen Rezidivs nicht trivial ist!
Die Autoren betonen, dass Uromonitor im Vergleich zur Zystoskopie weniger falsch positive Befunde generierte (3 vs. 22). Dies ist bemerkenswert, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zystoskopie bei 32% der vermeintlich positiven Uromonitor-Fälle durch die Histologie nicht bestätigt wurde – gleichwohl bleibt die Zystoskopie derzeit die einzige Methode mit simultaner morphologischer Beurteilung und Möglichkeit zur sofortigen Therapie.
Zudem reiht sich Uromonitor in eine lange Liste nicht-invasiver Urintests ein – darunter NMP22, UroVysion, Cxbladder, Bladder EpiCheck und weitere. Viele dieser Verfahren zeigten in retrospektiven oder prospektiven Studien ähnlich hohe Sensitivitäts- und Spezifitätswerte. Dennoch hat sich bislang kein einziger Test als Ersatz für die Zystoskopie etablieren können. Häufig scheitert die Translation in die klinische Praxis an der mangelnden Reproduzierbarkeit in unabhängigen „Real-World“ -Kohorten, an unklaren Auswirkungen auf das klinische Management oder an ökonomischen Hürden.
Auch Uromonitor bleibt diesen Nachweis so wie alle anderen Test bislang ebenfalls schuldig: Zwar wird eine gute diagnostische Güte suggeriert, doch fehlen Aussagen zur konkreten klinischen Anwendung. Was passiert mit einem Patienten mit positivem Test, aber unauffälliger Zystoskopie? Darf bei negativem Test auf die invasive Kontrolle verzichtet werden? Und in welcher Frequenz sollte getestet werden? Solche Fragen müssen in prospektiven, randomisierten Studien mit patientenrelevanten Endpunkten beantwortet werden.
Zusammenfassend stellt Uromonitor einen weiteren Schritt auf dem Weg zur personalisierten, weniger invasiven Überwachung des NMIBC dar. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstreichen zudem erneut das Potenzial molekularer Diagnostik im Urin. Doch die „silver bullet“ zur Abschaffung der Zystoskopie ist auch dieser Test (noch) nicht. Vielmehr bedarf es auch hier weiterer unabhängiger Validierungen, Kosten-Nutzen-Analysen und konkreter klinischer Handlungsalgorithmen, bevor ein routinemäßiger Einsatz außerhalb von Studien gerechtfertigt erscheint.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
25. November 2025
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