Zeitschrift für Phytotherapie 2025; 46(05): 257-258
DOI: 10.1055/a-2664-4183
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Pflanzliche Arzneimittel bei Kindern

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Können Real World Data (RWD) die Anwendung auch regulatorisch absichern?

Seit einigen Jahren wird innerhalb der in der Anwendung von Arzneipflanzen engagierten Fachgesellschaften die Fragestellung diskutiert, wie Real World Data (RWD) zur Dokumentation der Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern genutzt werden können. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass mangels vorhandener Anwendungsdaten die Gesundheitsbehörden wie z. B. das Herbal Medicinal Products Committee (HMPC) der europäischen Zulassungsagentur EMA keine Anwendungen und Dosierungsempfehlungen für pflanzliche Arzneimittel bei Kindern genehmigt, sofern keine ausreichenden Daten vorliegen. Das zeigt sich insbesondere in den Monografien des HMPC, in denen die Anwendung auf Altersstufen ab 12 bzw. 18 Jahren eingeschränkt ist.

Dieser seit Langem ungelösten Fragestellung widmete sich ein Workshop der Stiftung Plants for Health (PfH), der Gesellschaft für Phytotherapie e.V. (GPT) und der Gesellschaft für Arzneipflanzen und Naturstoffforschung e.V. (GA) am 31. August 2025 während des GA-Kongresses in Neapel ([Abb. 1]). Das Ausmaß dieses Dilemmas in der Praxis werde beispielsweise an den Ergebnissen einer Umfrage im Rahmen einer Lehrveranstaltung der österreichischen Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften deutlich, nach der Ärzte pflanzliche Zubereitungen vielfach bei jüngeren Kindern verschreiben oder empfehlen, dabei zu etwa einem Fünftel auch für die Anwendung im Alter zwischen einem Monat und zwei Jahren, so der PfH-Vorsitzende Prof. Dr. Rudolf Bauer, Graz, in seiner Begrüßung.

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Abb. 1 Die Referenten des Workshops mit dem Vorstand der Stiftung Plants for Health. Quelle: Plants for Health

Der derzeitige Diskussionsstand, zuletzt ausführlich dargestellt in einem Workshop im Juli 2024 beim GA-Kongress in Krakau, zeige deutlich die Lücke bei den pädiatrischen Daten innerhalb der HMPC-Monografien auf und richte sich somit auf die Stärkung der Rolle von RWD zur Begründung von Kinderdosierungen aus, wie Dr. Nico Symma, Bonn, einleitend zusammenfasste. Nach den Grundsätzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien „Kinder keine kleinen Erwachsenen“, weshalb eine auf deren Bedürfnisse zugeschnittene Dosierung für eine wirksame und sichere Medikation notwendig sei. Diese basiere mangels bei Kindern erhobener Daten häufig auf einer Anwendung bei Erwachsenen. Da die randomisierte klinische Studie als Goldstandard im Bereich der Kinderanwendung eklatante ethische und praktische Hürden aufweise, könnten RWD hier ein sinnvolles Mittel zur Ausfüllung der Lücken darstellen. Diese Daten könnten dabei beispielsweise aus Beobachtungsstudien, Patientenregistern oder Abgabezahlen aus Apotheken gewonnen werden.

Im OTC-Bereich wiesen RWD allerdings einige Herausforderungen insbesondere in Bezug auf die Validierung für regulatorische Zwecke und die Akzeptanz durch die Behörden auf, z. B. aufgrund der Heterogenität der Daten. Letzteres zeige sich auch im kürzlich zur Kommentierung veröffentlichten Reflection Paper des HMPC, das der Verwendung von RWD lediglich eine unterstützende Rolle zuweise. Auch berücksichtige es nicht die Ansätze der ICH-Leitlinie E11A mit den von den Fachkreisen sehr positiv eingeschätzten Möglichkeit einer Extrapolation. Wichtig sei deshalb eine Integrierung pflanzlicher Arzneimittel in den europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS), in nationale Register und in die elektronischen Patientenakten (ePA) unter Verwendung entsprechender Identifikatoren sowie eine Berücksichtigung aller vorhandenen Datenquellen.



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Artikel online veröffentlicht:
20. Oktober 2025

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