Z Orthop Unfall
DOI: 10.1055/a-2735-3521
Review

Das lagerungsassoziierte Kompartmentsyndrom der unverletzten Extremität in der Unfallchirurgie und Orthopädie – Ein Fallbericht mit Review

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch

Autor*innen

  • Andreas Benedikt Bauer

    1   Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Rekonstruktive und Septische Chirurgie, Sporttraumatologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm, Deutschland (Ringgold ID: RIN39542)
  • Kevin Dallacker-Losensky

    1   Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Rekonstruktive und Septische Chirurgie, Sporttraumatologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm, Deutschland (Ringgold ID: RIN39542)
  • Hans-Joachim Riesner

    1   Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Rekonstruktive und Septische Chirurgie, Sporttraumatologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm, Deutschland (Ringgold ID: RIN39542)

Zusammenfassung

Einleitung

Für die osteosynthetische Versorgung von Frakturen des Femurs und optimale Exposition der frakturierten Region inkl. radiologischer Durchleuchtung bietet sich oft die Lagerung auf einem Extensionstisch mit Auslagerung der kontralateralen unteren Extremität auf einem Beinhalter an. Nicht selten kann es durch die Auslagerung zu peri- und postoperativen Lagerungsschäden unterschiedlicher Entität kommen. In der Literatur lassen sich einige Fälle zu Schäden durch unsachgemäße Lagerung finden. Eine schwerwiegende Komplikation ist das lagerungsbedingte Kompartmentsyndrom, das vor allem im Rahmen von urologischen, allgemeinchirurgischen und gynäkologischen Eingriffen beschrieben wurde. Ziel dieses Artikels war es, durch die Darstellung eines eigenen Falles auf die Problematik des lagerungsassoziierten Kompartmentsyndroms (WLCS) der nicht betroffenen Seite aufmerksam zu machen und anhand einer aktuellen Literaturrecherche auf besondere Risiken hinzuweisen, sowie Verfahrensvorschläge zur Prävention zu diskutieren.

Material und Methoden

Es erfolgte eine Literaturrecherche mithilfe der medizinischen Onlinedatenbank „PubMed“ (Zeitpunkt der Suche 20.02.2025). Nach Eingabe der Suchbegriffe „Well leg compartment syndrome AND orthopedic surgery“, „Well leg compartment syndrome AND orthopedics“ und „Well leg compartment syndrome AND hemilithotomy positioning“ konnten insgesamt 175 Suchtreffer gefunden werden. Nach Entfernung von Duplikaten und erweiterter Volltextsuche konnten insgesamt 14 Fallberichte ausgewählt und für die aktuelle Veröffentlichung berücksichtigt werden.

Fallbericht

Berichtet wird über ein Kompartmentsyndrom des Unterschenkels der ausgelagerten unverletzten Extremität (Well Leg Compartment Syndrome, WLCS) eines 63-jährigen Patienten nach notfälliger Marknagelosteosynthese bei komplexer Femurfraktur, kompliziertem intraoperativem Verlauf mit einer OP-Zeit von 8:12 h.

Ergebnisse

In der Literatur findet sich das WLCS des Unterschenkels in der Orthopädie und Unfallchirurgie in den meisten Fällen nach Marknagelosteosynthesen des Femurs unter modifizierter Steinschnittlage. Die OP-Zeit war in den meisten Fällen über 2 h. Die Diagnosestellung eines Kompartmentsyndroms erfolgte in einem breiten Zeitfenster zwischen unmittelbar postoperativ bis zu 3 Tagen nach der OP. Die Therapie der Wahl war im überwiegenden Teil der Fälle eine Faszienspaltung aller 4 Kompartimente des Unterschenkels. Über sonstige Risikofaktoren in dargestellten Fällen bei der Recherche lässt sich aufgrund fehlender oder eingeschränkter Darstellung keine Aussage treffen.

Schlussfolgerung

Das lagerungsassoziierte akute Kompartmentsyndrom in der Unfallchirurgie und Orthopädie ist auch nach Auswertung der Literatur ein selten beschriebenes Krankheitsbild. Als Risikofaktoren hierfür können eine lange OP-Zeit, ein erhöhter BMI, ein erhöhter Blutverlust, niedriger intraoperativer Blutdruck sowie periphere Gefäßerkrankungen gelten. Die Auslagerung des unverletzten Beines in der Steinschnittlage sollte intraoperativ korrekt erfolgen (90° Flexion in Hüfte und Knie) und bei bekannten Risikofaktoren auf ein zeitlich maximal kurzes Zeitfenster beschränkt werden. Regionalverfahren können auch bei Risikopatienten sicher angewandt werden, verschleiern nicht selten jedoch die initiale Diagnose.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 20. März 2025

Angenommen nach Revision: 29. Oktober 2025

Artikel online veröffentlicht:
26. November 2025

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