Allgemeine Homöopathische Zeitung 2008; 253(5): 249
DOI: 10.1055/s-0028-1082596
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Nachruf
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Dr. med. Kurt-Hermann Illing (1925–2008)

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Publication Date:
23 September 2008 (online)

Am 12. 7. 2008 starb Dr. Illing in Kassel völlig unerwartet, jedoch in einer Weise, die er sich immer gewünscht hatte. Damit hat uns einer der ganz Großen der Homöopathie für immer verlassen.

Die einzelnen Phasen seines reichen Lebens hat Herr Kollege Schreiber in seiner Laudatio zum 80. Geburtstag in dieser Zeitschrift genau geschildert (AHZ 2005; 250 (3): 99). Ich möchte diesem von ihm gezeichneten Bilde noch einige persönliche Farbtupfer hinzufügen.

Dr. Illing hatte sich schon früh im Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte und später auch in der Liga medicorum homoeopathica internationalis engagiert. Im Vorstand des DZVhÄ lernten wir uns kennen. Schon damals fiel er mir durch seine abgewogene sachliche und stets fundierte Argumentation auf. Diese Fähigkeit machte ihn auch zu einem ganz vorzüglichen Lehrer der Homöopathie. So leitete er jahrelang die homöopathischen Fortbildungsveranstaltungen in Kassel. Daneben arbeitete er immer auch wissenschaftlich. Dazu hatte er sich eine der größten homöopathischen Bibliotheken zugelegt. Noch in diesem Jahr erfuhr ich von ihm persönlich, dass er 99 Arbeiten und mehrere Bücher veröffentlicht habe – 100 konnte er nun nicht mehr vollenden.

Als sich durch eine Initiative von Dr. Veronica Carstens die Möglichkeit ergab, an der Medizinischen Hochschule in Hannover eine Dozentur für Homöopathie einzurichten, fiel die Wahl auf ihn, da er sich nicht nur als Lehrer, sondern auch als Wissenschaftler ausgezeichnet hatte. Mit großem Idealismus nahm er die Aufgabe an und fuhr jede Woche einmal nach Hannover, um seine homöopathische Vorlesung vor einem ständig wachsenden Zuhörerkreis zu halten. Den dort vorgetragenen Wissensstoff fasste er in 5 Bändchen zusammen, die im Haug Verlag erschienen und noch immer eine vorzügliche Einführung in die Homöopathie bieten. Die versprochene Professur an der Medizinischen Hochschule hat er trotz Interventionen von Dr. Veronica Carstens und des DZVhÄ nicht erhalten – die Furcht vor einer universitären Legalisierung der Homöopathie war wohl noch zu groß.

Neben diesen Tätigkeiten arbeitete er so aktiv in der Liga mit, dass er dort zum Präsidenten gewählt wurde, und zwar in einer Zeit, in der dieser Weltverband der homöopathischen Ärzte durch interne Streitigkeiten auseinander zu brechen drohte. Zum Eklat kam es bei der Generalversammlung in Lyon, als die Franzosen unter Protest und Mitnahme ihrer Fahne den Saal verließen. Dr. Illing, der die Sitzung leitete, beherrschte die Situation souverän und brachte die aufgeregte Gesellschaft wieder zur Ruhe.

Als der Liga-Kongress gemeinsam mit der Tagung des DZVhÄ in Hamburg stattfand, habe ich ihn als einen sehr guten Organisator und stets hilfsbereiten Kollegen erlebt, mit dem die Zusammenarbeit richtig Freude bereitete.

Ähnlich wie sein Vorbild Hahnemann hat Dr. Illing trotz eines zunehmenden „Wetterleuchtens” auch schwerer Erkrankungen nie aufgehört zu arbeiten. Neben seinen Patienten war ihm die Familie besonders wichtig. Als Pfarrerssohn und überzeugter Christ lebte er die christlichen Werte vor. Er wusste, dass der Tod nur die Pforte zur Rückkehr in seine geistige Urheimat ist, wo das eigentliche Leben erst beginnt. Uns Zurückgebliebenen bleibt er ein leuchtendes Vorbild in seiner Liebe zur Homöopathie, seiner Bescheidenheit und Demut trotz einer großartigen Lebensleistung auf allen Gebieten, die im menschlichen Leben wichtig sind.

Karl-Heinz Gebhardt

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