Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - FV_104
DOI: 10.1055/s-0028-1088433

Ausmaß und therapeutische Relevanz nicht-invasiver Diagnostik in der Palliativmedizin

B Alt-Epping 1, RM Baumann 1, G Lindena 2, F Nauck 1
  • 1Universitätsklinik Göttingen, Abt. Palliativmedizin, Göttingen
  • 2Institut CLARA, Kleinmachnow

Fragestellung: Der Einsatz diagnostischer Maßnahmen erfordert insbesondere in der Palliativmedizin eine Abwägung der damit einher gehenden Belastungen und Aufwendungen gegenüber der mutmaßlichen therapeutischen Relevanz. Daten über eingesetzte Methoden, Ausmaß, Durchführungs- und Beurteilungsprobleme und therapeutische Relevanz diagnostischer Maßnahmen vor dem Hintergrund einer weit fortgeschrittenen inkurablen Erkrankungssituation fehlen jedoch. Methodik: Im Rahmen der Hospiz- und Palliativerhebung HOPE wurden mithilfe des Moduls Diagnostik (DIA) im Erhebungszeitraum 03–06/2007 in ambulanten und stationären Einrichtungen Aspekte zur Quantität und Qualität von bildgebenden und mikrobiologischen Verfahren abgefragt. Ergebnisse: Das Diagnostikmodul wurde bei 691 Pat. (von insges. 3184 Pat. in HOPE 2007; 21,7%) ausgefüllt. Alter und Verweildauer der Patienten mit Diagnostik unterschieden sich kaum vom Gesamtkollektiv: Alter 67,9J. (DIA); 67,8J. (HOPE); Verweildauer 16,9d (DIA); 18,2d (HOPE). Weit überwiegend wurden diagnostische Maßnahmen in stationären Einrichtungen dokumentiert (86,1%); insbesondere auf Palliativstationen (n=565). Dort entfielen 26,1% (n=155) aller Verfahren auf mikrobiologische Laboruntersuchungen, die in 88,4% als therapeutisch relevant bewertet wurden, z.B. in Bezug auf Antibiotikatherapie oder generelle prognostische Neubewertung. Bei den bildgebenden Verfahren wurden 684 Untersuchungen bei 411 (69,1%) der stationären Patienten dokumentiert, entsprechend 22,6% aller stationären HOPE-Patienten (n=1806). Stationäre Bildgebung verteilte sich auf Sonografie 40,8%, Röntgen 40,1%, CT/MRT 16,8%, und NUK 2,2%. Als therapeutisch relevant wurden 80,8% aller bildgebenden Untersuchungen eingeschätzt. In 20,7% wurden Probleme bei der Durchführung dokumentiert, insbes. Schmerzen, Transport-/Lagerungsprobleme und Ruhebedürfnis des Patienten. Probleme der Beurteilbarkeit traten in 5,6% aller dokumentierten Untersuchungen auf. Schlussfolgerungen: In der palliativmedizinischen Versorgung wird Diagnostik gleichermaßen in stationären palliativmedizinischen und onkologischen Versorgungsstrukturen unabhängig vom Alter des Patienten und der Verweildauer eingesetzt. Mindestens jeder 5. stationäre mit HOPE dokumentierte Patient erhielt bildgebende Diagnostik, mit einem hohen Maß an therapeutischer Konsequenz und vertretbarem Ausmaß an Problemen der technischen Durchführung. Insofern ergeben sich neue Aspekte zur palliativmedizinischen Praxis und zur bisherigen low-technology-Haltung in der Palliativmedizin.