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DOI: 10.1055/s-0028-1088533
Rettungsdienst und Palliativpatienten – Kann der Rettungsdienst ein Indikator für die Verordnung einer speziellen Palliativversorgung sein?
Fragestellung: Die Therapie von Patienten mit Tumorerkrankungen im finalen Krankheitsstadium soll, soweit möglich und vom Patienten gewünscht, im außerklinischen Umfeld erfolgen. Aber wann wird ein Patient zu einem Palliativpatienten, wann erhält er eine allgemeine und wann eine spezielle Palliativversorgung? Ist die Situation eskaliert, wird häufig der Notarzt involviert. Kann der Notarzteinsatz ein Indikator für die Verordnung spezieller Palliativversorgung sein? Methode: In Bielefeld (330.000 Einwohner, 3 Notarztstandorte) wurden 2.486 Notarzteinsatzprotokolle aus dem Jahr 2006 des Notarztstandortes Gilead am EvKB in Bethel auf Palliativpatienten hin analysiert (Kriterien waren eine protokollierte Tumordiagnose und die klinikinterne Anschlusstherapie). Ergebnisse: 57 Tumorpatienten wurden identifiziert (2,3%). Hiervon verstarben 5 vor Ort, 3 wurden erfolgreich behandelt. 49 Patienten wurden ins Krankenhaus eingewiesen, 18 (37%) verstarben dort im weiteren Verlauf, darunter 9 am Aufnahmetag (50%). Von diesen 9 Patienten waren bei 6 Patienten (66%) Metastasen bekannt (gegenüber 55% bei den eingewiesenen 49 Patienten). Zu 80% konnte der Hausarzt nicht erreicht werden. Arztbrief, Patientenverfügung oder Pflegeakte lagen bei 18% der 57 Patienten vor. Hauptsymptome waren Luftnot (n=26), neurologische Symptome (n=19), Schmerzexazerbation (n=9) und Blutung (n=3). Die durchschnittliche Krankenhausverweildauer betrug 6,7 Tage (max 48d, min 1d). Apparative Diagnostik erfolgte bei 20%, invasive Therapie (z.B. Thoraxdrainage, Beatmung) bei 12% der Patienten. Schlussfolgerung: 1% einer Bevölkerung ist sterbend und etwa 10% der Sterbenden benötigen eine spezielle Palliativmedizin [1]. Für Bielefeld wären dies 330 Patienten pro Jahr. Extrapoliert auf die insgesamt 7.300 Einsätze der drei Bielefelder Notarztstandorte in 2006läge die Zahl der im Rettungsdienst notärztlich zu versorgenden Palliativpatienten bei 167 pro Jahr. Hiervon dürften etwa 50% eine spezielle Palliativbehandlung benötigen, vorliegend aufgrund metastasierender Tumorerkrankung. Unbefriedigend ist, dass ca. 16% der Patienten – wie auch vorliegend – offenbar zum Sterben in ein Krankenhaus verlegt werden. Verantwortlich hierfür sind unzureichend verfügbare Dokumentationen und fehlende palliativmedizinische Aspekte in der Notarztausbildung. Grundsätzlich könnte der Notarzteinsatz als Indikator für eine spezielle Palliativverordnung gelten. Literatur: [1] Statistisches Bundesamt 2006