Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - PP_401
DOI: 10.1055/s-0028-1088539

Von der klinischen Erfahrung zur evidenzbasierten Physiotherapie in der Palliativmedizin

MA Boddenberg 1, B Böhm 2
  • 1Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien (AKH Wien), Wien, Österreich
  • 2Moorheilbad Harbach, Harbach, Österreich

Das Handeln von PhysiotherapeutInnen basierte vor einigen Jahren noch rein auf klinischen Erfahrungen. Mittlerweile, aufgrund der internationalen Entwicklung hinsichtlich der Akademisierung der Physiotherapie, wird das Handeln von PhysiotherapeutInnen mehr und mehr durch evidenzbasierte Literatur gestützt. Physiotherapeutische Themen werden auch in der Palliativmedizin zunehmend untersucht und evaluiert.

Die Physiotherapie als Bestandteil im ganzheitlichen Behandlungsansatz in der Palliativmedizin verfolgt als wesentliches Ziel die Verbesserung der Lebensqualität durch Optimierung der funktionellen Kapazität und der Selbständigkeit.

Körperliche Funktion und Kondition stellen die wichtigsten Determinanten der Lebensqualität bei PalliativpatientInnen dar. Und speziell hier etabliert sich die Physiotherapie als Teil des multiprofessionellen therapeutischen Ansatzes als wichtiger Bestandteil.

Bezüglich physiotherapeutischer Evidenz zeigt die Literatur, dass im Sinne eines aktiven Trainings eine bewusste, positive Körperwahrnehmung und die allgemeine Aktivierung der PatientInnen gefördert wird. Ein Gewinn an Mobilität – und ist dieser auch noch so gering, führt zu mehr Unabhängigkeit, Selbständigkeit und infolgedessen zu weniger Pflegeaufwand – und fördert die psychische Stärke.

Mobilität stellt somit einen bedeutenden Faktor für physische und psychische Identität dar. Der Effekt dieses Trainings zeigt sich nicht nur primär in Kraft- und Ausdauerleistung, welche wiederum eine Verbesserung des Herz-Kreislaufsystems, der Atemfunktion, der Hautsituation und des Allgemeinzustandes des PatientIn mit sich bringt, sondern auch in einer Verbesserung der Activities of Daily Life (ADL's). Weitere Untersuchungen zeigen, dass durch physiotherapeutische und physikalische Therapie Schmerz, Müdigkeit und Übelkeit reduziert werden kann. Außerdem kann die professionelle, palliativmedizinische physiotherapeutische Begleitung die Lebensqualität, Eigenkontrolle und Zufriedenheit verbessern, Angst reduzieren und trägt auch zur sozialen Funktionalität bei.

Wie in anderen medizinischen Bereichen bekommen PatientInnen eine Therapiestruktur, die ganz speziell und individuell sowohl hinsichtlich eines definierten Ziels und eines definierten Befundes ausgearbeitet wird. Befunde und gemeinsame Zielsetzung sind dabei die Basis. Die verschiedenen Parameter des Befundes können sich schnell ändern und neben einer guten interdisziplinären Kommunikation ist dabei die Evaluierung und Überprüfung mittels physiotherapeutischer Assessments eine wichtige Voraussetzung, um auf etwaige Veränderungen entsprechend reagieren zu können.

Wünschenswert wäre es, dass Physiotherapie vermehrt Bestandteil der klinischen palliativen Untersuchung wird, um die Behandlung von PalliativpatientInnen weiter optimieren zu können.