NOTARZT 2009; 25(5): 163-164
DOI: 10.1055/s-0028-1090164
Fortbildung
Der toxikologische Notfall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transport mit Komplikationen

F.  Martens1
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Ulrich Frei), Berlin
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Oktober 2009 (online)

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Fall 1

Mit dem Einsatzstichwort „Plötzliche Bewusstlosigkeit” und dem Zusatz „Vergiftung” wird die Notärztin in ein Jugendgästehaus alarmiert. Die zuvor eingetroffene RTW-Besatzung prüft soeben die Vitalfunktionen und berichtet, dass die etwa 20-jährige Patientin vor etwa 30 Minuten nach einem Streit mit ihrem Freund eine ganze Packung Dipiperon®-Tabletten (etwa 2 000 mg Pipamperon) eingenommen habe. Zur Anamnese weiß der Freund lediglich von einer länger bestehenden psychiatrischen Therapie zu berichten.

Die junge Frau reagiert auf leichte Schmerzreize mit unverständlichem Brabbeln, die Atmung ist regelmäßig, die Sättigung liegt bei 95 %, der Blutdruck bei 100 / 60 mm Hg und die Herzfrequenz bei 52 / min. Das Monitor-EKG zeigt einen Sinusrhythmus.

Nach Legen eines periphervenösen Zuganges wird die Patientin mittels Trage unter EKG-Überwachung zum RTW transportiert. Im Treppenhaus treten plötzlich ventrikuläre Rhythmusstörungen ohne tastbaren Puls auf. Diese erweisen sich als Torsade de pointes. Unter Herzdruckmassage werden 2 g Magnesiumsulfat injiziert, worunter die Torsaden sistieren und sich wieder der zuvor gesehene Sinusrhythmus einstellt.

Die Bewusstseinslage hat sich durch das kurze Ereignis nicht verändert.

Auf der angefahrenen Intensivstation fällt laborchemisch eine erniedrigte Kaliumkonzentration von 2,9 mmol / l auf, die durch Kaliuminfusion normalisiert wird. Im EKG wird gleichzeitig eine verlängerte QT-Zeit (frequenzkorrigiert) von 513 ms gemessen. Unter Rhythmusüberwachung, Gabe von Flüssigkeit und Aktivkohle über eine Magensonde. Die Bewusstseinslage verbessert sich zunehmend und etwa 16 Stunden nach dem Ereignis kann die Patientin einem Psychiater vorgestellt werden, der jedoch keine anhaltende Suizidalität feststellt. Nach 2 Tagen weiterer Rhythmusüberwachung sowie einer Echokardiografie, die einen Normalbefund ergibt, wird die Patientin entlassen [1].

Literatur

Priv.-Doz. Dr. Frank Martens

Charité, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

eMail: frank.martens@charite.de