Balint Journal 2009; 10(2): 33-40
DOI: 10.1055/s-0028-1098904
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Macht und Bemächtigung: Gewalt in der Psychotherapie

Power and Domination in PsychotherapyW. T. Kanzow
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Publication Date:
10 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Kombination von Psychotherapie und Gewalt erscheint befremdend. Psychotherapie hat eine Tendenz, die Bedeutung der eigenen Macht und Gewalt abzuspalten, sie aber mit einem Schuss Grandiosität umsomehr zu praktizieren. Eine kriminelle Geschichte in der Mitte dieser Arbeit markiert die Verführbarkeiten.

Abstract

The combination of psychotherapy and power is somehow displeasing. For psychotherapy tends to disassociate the significance of power and split it off. It however celebrates power all the more with a tendency of grandiosity. A crime story in the middle of this paper shows us where the seductions in psychotherapy lie.

Literatur

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1 Und nach Kluges Ethymologie kommt „walten“ von „valere“ und das meint „gesund sein“!

2 Briefwechsel zw. W. Bohleber u. H. Speidel zur Erklärung der DPV vom 19.11.1992, (1993 auch in der PPmP)

3 Interessant ist der psychotische Inhalt: Der in Richtung einer Symbiose agierende Therapeut wird als Ich-Bedrohung erlebt und die Distanzierung zur Selbstrettung muss über die räumliche Entfernung als Hilfsmittel erfolgen.

4 H. E. Richter im Deutschen Ärzteblatt 101, 20–21 (2004), „Das Unbehagen für kritische Aufklärung nutzen“ über die Psychoanalyse der 68er: „Das Kernelement dieser geistigen Strömung… war ein neues Menschenbild zu charakterisieren etwa als das emanzipierte Individuum, befähigt zu einem empathischen Zusammenleben ohne soziale Unterdrückung.“
Diese Umgehung des väterlichen Objektes ordnet Bollas Chistopher: „Es ist beunruhigend, daß die Ermordung des einen oder des anderen Elternteils eine Hauptmotivation der psychoanalytischen Bewegung ist – in der Praxis deutlich zu erkennen in der divergenten Haltung bezüglich des Schweigens oder des Redens. Die Unfähigkeit, in der Praxis beide elterlichen Prozesse zu kombinieren, bedeutet für Patienten, daß sie allzuoft entweder in einem übermäßig mütterlichen oder in einem übermäßig väterlichen Raum leben müssen. Versuche, diese Teilung aufzuheben, werden als pluralistische Verwässerung einer reinen Annäherung abgetan, deren Reinheit nur auf der Vertreibung des unerwünschten anderen Objektes beruht.“ ( Objekte und ihre Funktionen: über die ödipale Struktur einer Psychoanalyse. In: Jürgen Hardt, Antje Vaihinger (Hg.): Wissen und Autorität in der Psychoanalytischen Beziehung. Psychosozial Verlag Gießen (1999), 13–29
Am deutlichsten wird er aber von Alice Miller gestützt. Eine ihrer zentralen Thesen: „ Auch die klassische Therapiezielsetzung der Versöhnung mit den Eltern dient der Unterwerfung unter die mißhandelnden Eltern und vermeidet so die Auseinandersetzung mit ihnen.“

5 Und es reicht nicht wie jüngst in einer Arbeit, dass, um „vor Missbrauch zu sichern“, eine äußere „Ordnung entwickelt werden [muss]“. Typisch, aber unzureichend, dass die Gefahr des Missbrauchs nur nachrangig als immanent, sondern v. a als Gegenübertragungsreaktion und. vom Patienten ausgelöst gesehen wird. In: Ehl M, Helbing–Tietze B, Lücking I, Pollmann I, Ruff W, Wrage I, Zinke A: Ethische Prinzipien in der Psychoanalyse. Psyche-Z Psychoanal 59, 2005, 573–586.

6 Ehl M u. a, s. a. a. St. Fußnote [5].

Dr. W. Thomas Kanzow

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