Zusammenfassung
Hintergrund und Fragestellung: Vor dem
Hintergrund des Effort-Reward-Imbalance-Stressmodells von Siegrist [35 ] wurde untersucht, a) wie junge Ärztinnen
und Ärzte ihre beruflichen Anforderungen und die erhaltene
berufliche Anerkennung im Verlauf ihrer postgradualen Weiterbildung
einschätzen, b) ob sich dabei
bestimmte Verlaufstypen bezüglich wahrgenommenem Arbeitsstress über
die Zeit zeigen und c) welche Zusammenhänge
zwischen Arbeitsstress und Gesundheit sowie Lebenszufriedenheit
bestehen.
Methodik: Im Rahmen einer prospektiven
Studie (2001 – 2007) wurden 370 junge Ärztinnen und Ärzte
der Deutschschweiz im Verlauf ihrer fachärztlichen Weiterbildung
viermal befragt. Arbeitsstress, erhoben mit der Effort-Reward-Imbalance-Skala,
sowie Gesundheit und Lebenszufriedenheit wurden zu Beginn des 2.
(T2), 4. (T3) und 6. (T4) Weiterbildungsjahres erhoben. Mittels
einer two-step-Clusteranalyse wurden anhand der Effort-Reward-Skalenwerte
zu den Messzeitpunkten T2, T3 und T4 Verlaufstypen des subjektiv
wahrgenommenen Arbeitsstresses bei den Studienteilnehmenden bestimmt.
Unterschiede zwischen den Clustern hinsichtlich Geschlecht wurden
mittels Chi-Quadrat Test berechnet, Unterschiede in den kontinuierlichen Variablen
mittels Varianzanalysen mit Messwiederholungen.
Ergebnisse: Im Verlauf der Weiterbildungszeit nahm
der Anteil der Ärztinnen und Ärzte, die eine Effort-Reward-Imbalance
(Ratio zwischen Effort und Reward ERI > 1) erleben,
von 18 % bei T2 auf 20 % bei
T3 und 25 % bei T4 zu. Die Clusteranalyse ergab
zwei Verlaufstypen: Typ 1 (67 %) mit unterdurchschnittlichen
Effort- und überdurchschnittlichen Reward-Werten (ER-Balance) über
die drei Messzeitpunkte und Typ 2 (33 %) mit überdurchschnittlichen
Effort- und unterdurchschnittlichen Reward-Werten (ER-Imbalance).
Personen in Cluster 2 zeigten im „Overcommitment” (übersteigerte
Verausgabungsneigung), in der geleisteten Arbeitszeit und in den
Gesundheitsvariablen (Angst, Depression, physisches und psychisches
Wohlbefinden) sowie in der Lebenszufriedenheit zu allen drei Messzeitpunkten
signifikant ungünstigere Werte als Personen des Clusters
1.
Folgerung: Rund ein Drittel der Ärztinnen
und Ärzte erleben anhaltenden Stress bei ihrer Arbeit als
Folge eines Ungleichgewichts zwischen beruflichen Anforderungen
und erhaltener Anerkennung. Dies wirkt sich nachhaltig negativ auf
ihre Gesundheit und Lebenszufriedenheit aus. Durch kontinuierliche,
strukturierte Unterstützung und zielorientierte Laufbahnberatung der
Assistierenden könnten Vorgesetzte dazu beitragen, dass sich
junge Kolleginnen und Kollegen weniger gestresst erleben, gesundheitlich
wohl fühlen und mit ihrer ärztlichen Tätigkeit zufrieden
sind.
Summary
Background and objectives: Based on
the Effort-Reward-Imbalance Model by Siegrist [35 ] a
study was undertaken to find out (a) in what way young doctors
assess effort and reward during their specialist training; (b) whether
there are certain job stress patterns over time; and (c) what the
correlations are, if any, between perceived job stress, health
and satisfaction with life.
Methods: Within the framework of a prospective
study (2001 - 2007) 370 doctors who had just qualified and were
residents in the German-speaking part of Switzerland were assessed
four times by means of anonymized questionnaires. Job stress, measured
by the Effort-Reward-Imbalance scale, as well as health and satisfaction
with life were assessed in these doctors' 2nd (T2), 4th (T3), and
6th (T4) year of specialist training („residents”).
Stress patterns of the participants were evaluated, based on the
effort and reward scale values at T2, T3, and T4, by two-step cluster
analysis. Gender differences between the clusters were calculated
by the 2 test and differences in the continuous variables by analysis
of variance with repeated measurements.
Results: During residency the percentage
of doctors who experienced an Effort-Reward-Imbalance (ratio between
effort and reward ERI > 1) increased from 18% at
T2 to 20 % at T3 to 25 % at T4.
The cluster analysis revealed two clusters: Type 1 (67%)
with effort values below average and reward values above average (ER
balance) across the three measurement points, and type 2 (33 %)
with effort values above average and reward values below average
(ER imbalance). Subjects in cluster 2 showed unfavorable values,
when compared with those in cluster1, in overcommitment, in workload
and in the health variables (anxiety, depression, physical and psychological
well-being), as well as in their assessed satisfaction with life
at all three measurement points.
Conclusions: One third of the doctors
experienced stress at work, caused by an effort-reward imbalance.
This had a negative impact on their health and satisfaction with
life. Regular supervision and goal-oriented career counselling provided
by senior physicians could contribute to young doctors not feeling
so much stressed at work, feeling well and being more content with
their work.
Schlüsselwörter
Ärzte in Weiterbildung - Arbeitsstress - Effort-Reward Imbalance - Arbeitszeit - Physisches
und psychisches Wohlbefinden - Gesundheit - Angst und Depressivität - Lebenszufriedenheit
Keywords
residents - work stress - effort-reward imbalance - workload - physical and psychological
well-being - health - anxiety and depression - life satisfaction