Zusammenfassung
Seit 2000 ist im Jahr 2007 erstmals wieder ein Anstieg der Drogentote um 8 % zum Vorjahr
verzeichnet worden. Notfälle im Zusammenhang mit Drogenkonsum sind für den Notarzt
häufig schwierig zu beherrschen, da zum einen diagnostische Möglichkeiten fehlen und
zum anderen die Therapie nur symptomatisch geschehen kann. Selten sind Drogenintoxikationen
auf den Monokonsum einer Substanz zurückzuführen. Oftmals stehen suizidale Absichten
hinter einer Intoxikation mit illegalen Drogen. Das schwierige Umfeld, in dem sich
Drogenintoxikationen abspielen erschwert das Handeln zusätzlich, wichtige Differentialdiagnosen
können leicht übersehen werden. Notfälle im Zusammenhang mit einer Entzugssymptomatik
eröffnen die Möglichkeit die Betroffenen in eine therapiegestützte Abstinenz zu überführen.
Diese Chance sollte nicht vertan werden.
Abstract
For the first time since the year 2000 the number of death due to substance abuse
of illegal drugs has increased in Germany in 2007 (+8 % compared to 2006). Emergency
situations due to drug abuse are frequent, particular in big cities. They may be,
however, difficult to diagnose and / or treat for an emergency physician on scene
because of a lack of diagnostic tools, the local and personal surroundings, and the
unknown number and nature of drugs. Many drug intoxications must be considered suicidal.
On the other hand, drug intoxications may mask (other) life–threatening conditions.
Emergency situations due to withdrawal offer the possibility to motivate patients
to take advantage of specialist–guided abstinence programs.
Schlüsselwörter
Drogen - Intoxikation - Abhängigkeit - Missbrauch - Rettungsdienst - Notarzt
Key words
Drug Abuse - Intoxication - Dependence - Emergency Medical System - Emergency Physician
Kernaussagen
-
Notfälle im Zusammenhang mit illegalen Drogen sind oft eine Indikation für Notarzteinsätze.
-
Intoxikationen sind oftmals in suizidaler Absicht herbeigeführt.
-
Die Bewusstseinseinschränkung unter dem Einfluss von Drogen bedingt viele Notfallsituationen
(psychischer Erregungszustand, Trauma, Entzugssymptomatik)
-
Die Behandlung der meisten Intoxikationen mit illegalen Drogen ist häufig auf die
symptomatische Therapie und das Sichern der Vitalfunktionen beschränkt.
-
Antidota sollten zurückhaltend eingesetzt werden und dem absoluten Notfall vorbehalten
bleiben.
-
Beim Vorliegen psychotischer Symptome sollten auch Antipsychotika zum Einsatz kommen.
-
Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Abklärung möglicher Differenzialdiagnosen
und zusätzlicher Diagnosen gelegt werden.
-
Patienten in Entzugssituationen sollten unterstützt und ermutigt werden: zur weitergehenden
Abstinenz und zum Aufsuchen weiterführender Hilfen (z. B. Beratungsstellen).
-
Beim Vorliegen psychischer Symptome sollte die fachärztliche Abklärung erfolgen.
-
Der Eigenschutz hat in allen Situationen Vorrang.
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Michael Kinn
Dr. med. Rüdiger Holzbach
Prof. Dr. med. Frank G. B. Pajonk
eMail: mkinn@bgu-ludwigshafen.de
eMail: R.Holzbach@wkp-lwl.org
eMail: pajonk@klinik-dr-fontheim.de