Dtsch Med Wochenschr 1972; 97(28): 1049-1055
DOI: 10.1055/s-0028-1107495
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Suprapubische, perkutane Blasenpunktion bei Kindern mit Harnwegsinfekt

Methode, vergleichende bakteriologische Untersuchungen und Keimzahlbestimmung in Punktions- und MittelstrahlurinSuprapubic, percutaneous aspiration of bladder urine in children with urinary infectionsJ. Wiebel, K. Matz, R. Grüttner, M. Menking, N. Stahnke, R. P. Willig
  • Universitäts-Kinderklinik Hamburg (Direktor: Prof. Dr. K.-H. Schäfer) und Institut für Medizinische Mikrobiologie und Immunologie der Universität Hamburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. G. B. Roemer)
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. April 2009 (online)

Zusammenfassung

Während ambulanter Untersuchungen wurde bei 79 Mädchen und 40 Knaben im Alter zwischen 6 Monaten und 17 Jahren wegen bekannter oder vermuteter Infektion der Harnwege 215mal die Blase punktiert und gleichzeitig Mittelstrahlurin gesammelt. Die bakteriologische Untersuchung ergab, daß 80% der Punktionsurine steril waren und 20% pathogene Keime in einer Menge über 105/ml enthielten; nur in 5% fand sich eine Mischinfektion. Dagegen waren nur 12% der Mittelstrahlurine steril, 63% enthielten pathogene Keime und 25% apathogene Keime. Von den Mittelstrahlurinen, die pathogène Keime enthielten (n = 135), ergaben 69% (n = 93) ein falsch-positives Resultat, sofern allein die Art der gefundenen Keime berücksichtigt wurde, und 7% waren falsch-positiv, sofern die Keimzahl mit beurteilt wurde; eine Mischflora wuchs in 30% der Mittelstrahlurine, die pathogene Keime enthielten. E. coli und Enterokokken waren die häufigsten Erreger, Verunreinigungen durch Enterokokken waren zweimal häufiger als durch E. coli. Nur in 20% der durch Blasenpunktion nachgewiesenen Harnwegsinfektionen fand sich auch eine massive Leukozyturie. 15% der mit anderen Methoden diagnostizierten Harnwegsinfektionen ließen sich durch Untersuchungen im Punktionsurin nicht mehr bestätigen. Klinisch bedeutungsvolle Komplikationen nach Blasenpunktion traten nicht auf. Schulkinder zogen die Punktion dem Katheter vor. Schmerzen wurden meist weniger als bei Blutentnahmen angegeben. Aus diesen Untersuchungen ergeben sich drei Schlüsse: 1. Urinsedimentuntersuchungen hinsichtlich der Leukozytenzahl sind für das Erkennen eines Harnwegsinfektes wenig zuverlässig. 2. Eine Mittelstrahlurinkultur erlaubt nur dann eindeutige Aussagen, wenn keine pathogenen Bakterien nachgewiesen werden können; eine Ausnahme besteht bei massiver Bakteriurie mit nur einer Keimart. 3. Die Blasenpunktion ist eine einfache und zuverlässige Methode, um Harnwegsinfekte festzustellen.

Summary

The technique and results of percutaneous suprapubic bladder puncture are described. 215 needle punctures of the bladder were performed in 119 outpatients aged between six months and 17 years (79 girls, 40 boys) with proven or suspected infection of the urinary tract, simultaneously with collection of voided mid-stream urine. On bacteriological examination 80% aspirated urine samples were sterile, 20% containing various pathogenic bacteria (> 105/ml) with only 5% having more than one type of organism. On the other hand, only 12% of midstream urine samples were sterile, 63% containing pathogenic and 25% non-pathogenic organisms. Of the 135 mid-stream urine specimens containing pathogenic organisms, 93 (69%) were false-positive, taking only the occurrence of pathogenic organisms into account, and 7% being false-positive as to the number of organisms per ml. In one third more than one type of organism were grown. E. coli and enterococci were the most frequent organisms, with enterococci being contaminants twice as often as E. coli. The leucocyte count in the sediment of aspirated urine was elevated in only 20% of cases with proven infection of the urinary tract. About 15% of previously assumed infections of the urinary tract were not confirmed by the results from the aspirated urine specimens. The clear-cut results of bacteriological examination of aspirated urine proved of considerable help in providing effective treatment. Clinically relevant complications did not occur after bladder puncture. Older children volunteered their preference of puncture to catheterization. Most of the children reported less pain from suprapubic needle puncture than from venepuncture.

    >